Katrin Kühne

Wie können Kommunen mehr Fördermittel durch effizientes Fördermittelmanagement generieren? Um dieser Frage nachzugehen, lud das Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge (KOWID) in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum für kommunale Infrastruktur Sachsen (KOMKIS) und dem Softwareunternehmen robotron am 6. Februar 2024 ein. Die Teilnehmenden erwartete „geballter Sachverstand", wie Manfred Röber, Professor emeritus der Universität Leipzig und KOMKIS-Direktor, gleich zu Beginn der Veranstaltung in der Bibliotheca Albertina in Leipzig ankündigte. Referentinnen und Referenten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft teilten ihr Wissen zum Thema Fördermittel und Fördermittelmanagement in Vorträgen und einer Podiumsdiskussion. Zudem gab es viel Raum für die Teilnehmenden u.a. aus der öffentlichen Verwaltung, um eigene Erfahrungen und Expertise einzubringen und sich auszutauschen.

Fördermittel sind wichtiges Finanzierungsinstrument

Im Begrüßungswort skizzierte Manfred Röber die Komplexität der Fördermittellandschaft und bescheinigte dieser einen „grundlegenden Mangel an strategischer Gesamtsteuerung". Kommunen würden das Thema als unübersichtlich wahrnehmen und infolgedessen vielfach auf Fördermittel verzichten. Zudem folge die Ausgabe von Fördermitteln überwiegend landespolitischen Interessen und decke sich oftmals nicht mit den Bedürfnissen in Kommunen, was das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung schleichend aushöhle. Gleichwohl, betonte Röber, seien Fördermittel ein wichtiges Finanzierungsinstrument. Dabei verwies er auf den vom Deutschen Institut für Urbanistik (difu) ermittelten Investitionsrückstand der Kommunen. Der beträgt laut aktuellem KfW-Kommunalpanel 165,6 Milliarden Euro. Um geeignete Fördermittel für notwendige Investitionen zu recherchieren, zu beantragen etc. fehle es Kommunen qualitativ und quantitativ an Personal. Die Digitalisierung der Verwaltung, die hier unterstützend genutzt werden könnte, komme auch nur schleppend voran.

Im nachfolgenden Vortrag stellte KOMKIS-Geschäftsführer Mario Hesse eine aktuelle finanzwissenschaftliche Analyse des Zentrums vor, welche eine mögliche Lösung aus dem Fördermittel-Dilemma beschreibt. Ausgehend von den zwei zentralen Einnahmequellen von Kommunen – dem kommunalen Finanzausgleich (KFA) und Fördermittelprogrammen – gehen Hesse und Kollegen in der Untersuchung der Frage nach, ob einzelne Fachförderprogramme in den KFA übertragen werden können. Indem Gelder nicht mehr antragsgebunden als Fördermittel, sondern pauschal innerhalb des KFA an Kommunen ausgegeben werden, könnte falsch eingesetzten kommunalen Ausgaben vorgebeugt werden. Außerdem würden Kommunen unterstützt, die den für Fördermittel benötigten Eigenanteil nicht aufbringen können. Aus 24 Programmen identifizierten Hesse und Kollegen fünf, die für eine Übertragung in den KFA sinnvoll wären, darunter die Förderung von Kitas, Feuerwehren und Investitionen im Schulbereich.

Zentrale Stelle für Fördermittelmanagement sinnvoll

Eine Lösung, um Fördermittelmanagement übersichtlicher und effizienter zu gestalten, bieten digitale Systeme. Das Unternehmen robotron konnte hier mit einer entsprechenden Software aufwarten, die sich sowohl an Fördermittelnehmer als auch -geber richtet. Systemberaterin Franziska Kartzow stellte dem Plenum das Tool robotron*Fömi.kommunal vor, mit dem Mitarbeitende aus Städten und Gemeinden u. a. komplette Fördervorhaben ämterübergreifend verwalten können.

Dass beim Fördermittelmanagement vor allem die Prozesse entscheidend sind, stellte Stephan Lübke, Berater beim Institut für Public Management in Berlin, heraus. In der öffentlichen Verwaltung gäbe es teilweise tiefe Gräben zwischen Abteilungen, so Lübke. Bei einem Fördermittelantrag seien viele Menschen beteiligt, die oft aneinander vorbeiarbeiteten. Für ein effektives Management sei deshalb eine zentrale Stelle sinnvoll. Um diese zu etablieren, müssten Verwaltungen zunächst ihre Prozesse hinterfragen und umgestalten – unter Einbezug aller Mitarbeitenden. „So kann der Schatz der Fördermittellandschaft gehoben werden", sagte der Spezialist für Fördermittelmanagement. Auch interkommunale Zusammenarbeit gerade zwischen kleineren Kommunen, sei sinnvoll. Lübke nannte hier den Kreis Groß-Gerau als Beispiel für Kommunen, die sich eine Stelle für Fördermittelmanagement teilten. Die optimierten Prozesse könnten dann mit IT unterstützt werden.

Wie es mit Förderanträgen nach der Haushaltssperre weitergeht, beleuchtete indes Rechtsanwalt und Partner der BDO Legal Rechtsanwaltsgesellschaft, Andreas Graef. Gleich zu Anfang betonte er, dass bewilligte Verträge einen Vertrauensschutz hätten und auch trotz Haushaltskürzungen nicht so einfach widerrufen werden könnten. Gleichwohl verwies Graef aber auf ein feines Detail, das Kommunen beachten sollten: Sei im Zuwendungsbescheid ein Widerrufsvorbehalt verankert, könne die Förderung aus zwingenden haushaltswirtschaftlichen Gründen ganz oder teilweise eingestellt werden. Graef gehe aber davon aus, dass Bund und Länder auch weiter Mittel für öffentliche Förderungen auf hohem Niveau ausgeben und perspektivisch eher institutionelle Förderungen zurückfahren und den Infrastrukturbereich stärken würden. Außerdem, so seine These, würde die Wahl öffentlicher Förderprogramme künftig verstärkt einer öffentlichen Begutachtung unterliegen.

Demographischem Wandel mit IT-Lösungen begegnen

Bei der abschließenden Podiumsdiskussion erörterten René Friese, Diplom-Ökonom Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO, Ulf Heinemann, Geschäftsführer robotron, Erasmus Wolff, Fachbereichsleiter Stadtkämmerei Dresden, und Mario Hesse, KOMKIS-Geschäftsführer, das Tagungsthema unter Moderation von Manfred Röber. Auf die Frage nach einer Patentlösung in der Fördermittelverwaltung, antwortete Erasmus Wolff mit einem klaren Nein. Jede Kommune müsse eigene Lösungen finden, so Wolff. Er plädierte jedoch für ein zentrales Fördermittelmanagement, bei dem Zusammenführung von Informationen und Gestaltung von Prozessen in einer Stelle erfolgten. Dem stimmte auch René Friese zu. In seiner beratenden Tätigkeit beobachte er, dass sich Kommunen schwer täten, alle Daten für einen Förderantrag mit möglichst wenig Aufwand zusammenzustellen. Eine zentrale Stelle würde da vieles vereinfachen. Gleichwohl räumte er ein: „Nicht jede Aufgabe muss zentralisiert werden. Facharbeit muss in den Ämtern bleiben."

Bezugnehmend auf die KOMKIS-Analyse betonte Mario Hesse, dass auch wenn das Förderwesen pauschaliert würde, es trotzdem eine Verbesserung der Prozesse brauche. Ebenso bemerkte er, dass die in der Wissenschaft beobachteten Schieflagen so auch in der Praxis zu sehen seien. Der von KOWID und KOMKIS schon lange angesprochene demographische Wandel mit einem zunehmenden Mangel an Fachkräften käme langsam durch. An vielen Stellen würde Personal fehlen. Ulf Heinemann sähe hier die Aufgabe der IT, dem entgegenzutreten und kommunalen Mitarbeitenden ein digitales System als Unterstützung zur Seite zu stellen.

Insgesamt gab die Veranstaltung einen umfassenden Überblick über die aktuellen Herausforderungen innerhalb der Fördermittellandschaft. Um hier am Ball zu bleiben, stellten die Organisatoren in Aussicht, auch im kommenden Jahr ein Format zum Thema zu entwickeln. Denn, wie Manfred Röber angesichts der zahlreichen Anmeldungen zur Tagung abschließend feststellte, besteht in puncto Fördermittelmanagement ein riesiger Informationsbedarf.

Wenn es um die Verkehrswende geht, sind Kommunen doppelt herausgefordert: Zum einen müssen sie das Verkehrssystem vor Ort nachhaltig transformieren, um Treibhausgasemissionen deutlich zu verringern. Zum anderen gilt es, für ein leistungsfähiges und funktionierendes Netz aus Schienen und Straßen zu sorgen. Das ist vor allem mit Kosten verbunden. In einer aktuellen Studie schätzt das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu), dass deutsche Städte, Landkreise und Gemeinden bis 2030 insgesamt rund 372 Milliarden Euro in den Erhalt und die Erweiterung von Straßen, Wegen und Schienen investieren müssen. Um diese Aufgaben bewältigen zu können, brauche es eine kluge, zielgerichtete Priorisierung von Maßnahmen und die Unterstützung der jeweiligen Länder und des Bundes, so die Schlussfolgerung.

Difu-Studie: Kommunale Straßen in schlechtem Zustand

Knapp 714.000 Kilometer Straßen gibt es in deutschen Kommunen. Davon sei jeder zehnte Straßenkilometer in einem sehr schlechten und weitere 21 % in einem schlechten Zustand, so die Bestandsaufnahme der Difu-Studie. Viele Straßen erreichten bis Ende 2030 überdies ihre Nutzungsdauer. Auch beim ÖPNV gibt es Verbesserungsbedarf, wie eine Befragung der Verkehrsunternehmen im Rahmen der Studie zeigte. Von den rund 6.320 Kilometern Straßenbahngleisen befänden sich 21 % in einer schlechten bis sehr schlechten Verfassung. U-Bahn- Gleise mit einer Gesamtlänge von 900 Kilometern seien immerhin nur zu 17 % in einem schlechten Zustand. Vergleichsweise gut bewertet wurden dagegen ÖPNV-Brücken und -Tunnel. Hiervon seien etwa zwei Drittel neuwertig oder in einem guten Zustand.

Den größten Investitionsbedarf sieht die Difu bei der Straßenverkehrsinfrastruktur der Kommunen. Um diese auf einen guten Stand zu bringen, seien Maßnahmen im Umfang von 283 Milliarden Euro notwendig. Rund 64 Milliarden Euro müssten für den Erhalt von U-Bahn- und Straßenbahnstrecken aufgewendet werden. Die Erweiterung der Straßen- und ÖPNV-Infrastruktur insbesondere in wachsenden Städten belaufe sich nach Difu-Schätzung auf 25 Milliarden Euro. Einen zusätzlichen Investitionsbedarf von 39 bis 63 Milliarden Euro identifizierte das Institut für den notwendigen Umbau zu einer nachhaltigen Mobilität. Zentrale Punkte seien hierbei der Ausbau von ÖPNV und Sharingangeboten mit entsprechenden Mobilitätsstationen. Außerdem brauche es mehr sichere Stellplätze für Fahrräder und öffentliche Ladepunkte für E-Mobilität.

Finanzhilfen des Bundes und andere Förderungen sind Grundlage

Seit 2021 stellt der Bund den Ländern eine Milliarde Euro zur Verfügung, um die Verkehrsverhältnisse der Gemeinden zu verbessern. 2025 soll diese Summe auf zwei Milliarden Euro angehoben und in den Folgejahren um je 1,8 % erhöht werden. Kommunen können Investitionen in den schienengebundenen ÖPNV, z. B. für den Bau von Straßen- oder U-Bahnen, anteilig mit diesen Bundesfinanzhilfen finanzieren. Dabei liegt der Fördersatz bei bis zu 75 % der zuwendungsfähigen Kosten. Grundlage hierfür ist das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG).

Darüber hinaus bekommen die Länder für den öffentlichen Nahverkehr sogenannte Regionalisierungsmittel. 2023 lagen diese bei rund 10,9 Milliarden Euro, wie aus dem Monatsbericht Februar des Bundesfinanzministeriums hervorgeht. Im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 steigt dieser Betrag bis einschließlich 2031 um jährlich drei Prozent. Die Regionalisierungsmittel werden vorrangig für den Schienennahverkehr verwendet. Sie können aber auch zur Beschaffung von Bussen und Straßenbahnen oder für Infrastrukturprojekte verwendet werden. Für die Finanzierung eines bundesweit gültigen Nahverkehrstickets (Deutschlandticket) erhalten die Länder bis 2025 zusätzlich 1,5 Milliarden Euro pro Jahr.

Neben den genannten Finanzhilfen des Bundes, welche durch die Länder verteilt werden, können Kommunen auch auf bundesweite und regionale Förderprogramme zugreifen. So vergibt das Land Sachsen im Rahmen der "Förderung der Verkehrsinfrastruktur" Zuschüsse für Maßnahmen und Vorhaben zur Verbesserung des ÖPNV. In Thüringen gibt es hierfür das Programm "Kommunale Verkehrsinfrastruktur". Das Saarland fördert Projekte zur effizienten Verknüpfung verschiedener Verkehrsträger und einer nachhaltigen Verkehrswende mit dem Programm "Nachhaltige Mobilität im Saarland". Unterstützung gibt es auch von der KfW Bankengruppe beispielsweise in Form des Investitionskredits Kommunen IKK.

Verkehrswende: Investitionsbedarf übersteigt die kommunalen Finanzmittel

Eine ausreichende Finanzierungsgrundlage für den Erhalt und Umbau der Verkehrsinfrastruktur sei nicht gegeben, bemängelt der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) angesichts der aktuellen Lage. In einem Beitrag zum Thema heißt es, die Bundesregierung sei gefordert, die mittel- und langfristigen Voraussetzungen für eine dauerhafte und auskömmliche Verkehrsinfrastrukturfinanzierung in den Kommunen zu schaffen. Hierzu sei laut DStGB ein gezielter Kraftakt erforderlich, denn aus eigenen Mitteln würden die Kommunen es nicht schaffen, den errechneten Investitionsbedarf von geschätzten 372 Milliarden Euro aufzubringen. Gegenüber der Funke-Mediengruppe forderte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg ein tragfähiges Konzept, um die Finanzmittel zur Sanierung und Verbesserung verfügbar zu machen.

Die Energiewende in Kommunen kommt. Um diese möglichst schnell voranzutreiben, hat die Bundesregierung schon im August das Gesetz für eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung auf den Weg gebracht. Diese Planung soll vor allem Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger darüber informieren, mit welchem Energieträger und welcher Energieversorgung sie vor Ort rechnen können. Das ist eine wichtige Voraussetzung für Investitionsentscheidungen für ein klimagerechtes und kosteneffizientes Heizen, was wiederum im lange diskutierten Heizungsgesetz gefordert wird. Beide Gesetze – das Heizungs- und Wärmeplanungsgesetz – treten ab dem 1. Januar in Kraft.

CDU kritisiert falsche Reihenfolge bei der Wärmewende

Etwa 11.000 Kommunen gibt es in Deutschland. In etlichen lägen bereits heute Wärmepläne vor, wie die Bundesregierung in einer Mitteilung zum Thema schrieb. Aber noch längst nicht in allen. Städte mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern müssen bis Mitte 2026 eine konkrete Wärmeplanung vorweisen können. Die restlichen Kommunen haben dafür noch bis 2028 Zeit. Für die Planung sollten Kommunen ausschließlich vorhandene Daten nutzen, die Behörden, Energieversorgern und dem Schornsteinfeger bereits vorlägen, so Bundesbauministerin Klara Geywitz.

So weit, so gut? „Viele Kommunen werden die Aufgabe mit eigenem Personal nicht stemmen können“, sagte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, André Berghegger in einer aktuellen Pressemitteilung. Er begrüßte die Planung als grundsätzlich sinnvollen Ansatz, die Wärmeversorgung nachhaltig auszurichten. „Von der Ampel wurde aber die falsche Reihenfolge gewählt“, findet der CDU-Politiker. Eine verlässliche Wärmeplanung hätte vor dem Heizungsgesetz verabschiedet werden müssen. Nun sei die Eile groß.

Wärmeplanung überfordert Kommunen

„Wir haben einfach nicht das Know-how in unseren Rathäusern, uns mit dem Thema auseinanderzusetzen. Abgesehen davon, dass wir natürlich immer personaltechnisch auf Kante genäht sind aufgrund der finanziellen Möglichkeiten, die wir haben oder nicht haben in den einzelnen Kommunen“, bekannte der Bürgermeister der Gemeinde Gersheim, Michael Clivot (SPD) in einem aktuellen Beitrag gegenüber dem SR. Rund 6.500 Einwohnerinnen und Einwohner zählt die Kommune im Saarland.

Geheizt wird hier hauptsächlich mit Gas und Öl. Zwar sei ein Umbau der bestehenden Gasübergabestation auf Wasserstoff möglich. Bürgermeister Clivot betonte jedoch: „Fernwärme mit großen Leitungen, die teilweise auch durch Abwärme aus der Industrie oder Ähnliches versorgt werden, wird auch in Zukunft bei uns keine Rolle spielen. Das heißt, wir müssen auf andere Modelle setzen wie Nahwärme, wie kleinere Projekte, um Wohngebiete zu versorgen.“

Individuelle und lokale Lösungen notwendig

Gersheim zählt laut Wegweiser Kommune, einer Datenplattform der Bertelsmann Stiftung, zu einer von 245 Kommunen des Demografietyps 1. Dieser ist gekennzeichnet durch stark schrumpfende und alternde Gemeinden in strukturschwachen Regionen. Dabei handelt es sich überwiegend um mittlere und kleinere Gemeinden, z. B. im Saarland, dem nordöstlichen Bayern, südöstlichen Niedersachsen und in einigen sächsischen Regionen. In Ostsachsen will der Regionalversorger Sachsenenergie aus Dresden über 160 Kommunen bei der Planung unter die Arme greifen, wie aus einem Bericht der ZfK Zeitung für kommunale Wirtschaft hervorgeht.

Mit einem „digitalen Zwilling“ soll ein realitätsnahes Abbild des jeweiligen Versorgungsgebietes erstellt werden. Hierin enthalten sind Daten zu Soziodemografie, Gebäudebeständen, Heizungssystemen und verfügbaren Potenzialen für die Nutzung von erneuerbaren Energien. „Die hohe Komplexität und notwendige Nachvollziehbarkeit der Wärmeplanung erfordert ein hohes Maß an Digitalisierung des gesamten Planungsprozesses“, sagte der Projektleiter für kommunale Wärmeplanung bei Sachsenenergie, Alexander Schulze. Der „digitale Zwilling“ sei dabei ein vielversprechender Lösungsansatz.

Lokale und individuelle Lösungen für die kommunale Wärmeplanung bietet das Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende (KWW). Bei diesem Projekt der Deutschen Energie-Agentur im Auftrag des Bundesbauministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) erhalten Kommunen aus ganz Deutschland Orientierung und Know-how zum Thema. Kommunen können für die Erstellung und Umsetzung ihrer Planung auch auf Förderprogramme zugreifen. Bundesweit stehen hier die drei Förderschwerpunkte „Kommunale Wärmeplanung“, „Energetische Stadtsanierung“ und „Transformationspläne und Machbarkeitsstudien“ zur Verfügung. In einigen Bundesländern gibt es hierfür auch spezielle Fördertöpfe. So fördert Nordrhein-Westfalen Beratungs- und Unterstützungsleistungen durch unabhängige Agenturen in der Erstellungsphase. Entsprechende Anträge können noch bis Ende diesen Jahres eingereicht werden.

Die Verschuldung der Kommunen in Deutschland hat sich im Vergleich zum Vorjahr vervierfacht. Das geht aus einem aktuellen Bericht des Statistischen Bundesamts hervor. Für das erste Halbjahr diesen Jahres wiesen Gemeinde und Gemeindeverbände demnach ein Finanzierungsdefizit von 7,3 Milliarden Euro auf. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum lag das Defizit bei nur 1,6 Milliarden Euro.

Sozialausgaben befeuern Verschuldung

Hauptgrund für die Zunahme der kommunalen Schulden sind nach Angabe der Zeitung WELT die gestiegenen Sozialausgaben – einerseits durch das Bürgergeld, andererseits durch Leistungen für Schutzsuchende aus der Ukraine. Zusätzlich hatten Kommunen auch mehr Ausgaben für Leistungen wie Eingliederungshilfen und der Kinder- und Jugendhilfe.

Im Bereich der Sozialleistungen erhöhten sich die Ausgaben in der ersten Jahreshälfte um 11,8 % auf rund 37 Milliarden Euro. Auch die Ausgaben für Personal in Kommunen stiegen um 7 % auf rund 37 Milliarden Euro. Grund hierfür waren Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst und Sonderzahlungen zum Inflationsausgleich.

Zwar konnten Gemeinden und Gemeindeverbände im besagten Zeitraum mehr Einnahmen verzeichnen ­– ein Plus um 7,3 % bzw. 10,9 Milliarden Euro zum Vorjahr. Hier spülten insbesondere mehr Einkünfte aus Steuern und Erlöse aus Gewerbesteuer Geld in die kommunalen Kassen. Dem standen jedoch ein mehr an Ausgaben in Höhe von 16,6 Milliarden bzw. 11 % gegenüber.

Investitionsfonds für Planungssicherheit

„Bund und Länder müssen dringend erkennen, dass die finanzielle Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden akut gefährdet ist“, sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, bereits im September zum Thema Kommunalfinanzen. Ebenso mahnte er an: „Wo nicht mehr finanziert werden kann, droht ein immer schlechterer Zustand von Straßen, Schienen, Schulen oder Sportstätten.“

Auch die dringend notwendigen Maßnahmen für mehr Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel würden Geld kosten, so Landsberg. Zukunftsinvestitionen in die kommunale Verkehrsinfrastruktur, in Klimaneutralität, Gesundheitswesen und Digitalisierung beliefen sich in einem mittleren dreistelligen Milliardenbetrag. Um Kommunen hier zu unterstützen und ihnen Planungssicherheit zu geben, forderte er einen langfristigen Investitionsfonds von Bund und Ländern. „Nur so kann die Transformation gelingen.

Business meets Industry: Zum diesjährigen Stadtwerkekongress am 26. und 27. September lud der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) nach Köln in DIE HALLE Tor 2 ein. Die ehemalige Industriehalle bot eine außergewöhnliche Kulisse für Vernetzung und Austausch. Beim zweitägigen Event diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus der kommunalen Ver- und Entsorgungswirtschaft über die Energiewende, deren Finanzierung und die Digitalisierung der Daseinsvorsorge. Kommunale Unternehmen aus ganz Deutschland präsentierten ihre innovativen Projekte und teilten ihre Erfahrungen mit den großen und kleinen Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität. Hierzu machte Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der gastgebenden Stadt Köln, gleich zu Beginn der Veranstaltung einen Punkt: "Klimaneutralität ist nur mit Unterstützung der Stadtwerke möglich."

Stadtwerke sind "letzter Vertrauensanker"

"Wir halten das Land am Laufen", sagte VKU-Präsident Dr. Ulf Kämpfer in der anschließenden Standortbestimmung Daseinsvorsorge vor dem Plenum. Angesichts politisch unruhiger Zeiten und einem Vertrauensverlust in Politik, kritische Infrastrukturen und Demokratie seien Stadtwerke einer der "letzten Vertrauensanker". Sie sorgten für "das Grundlegenste des Grundlegenden". VKU-Geschäftsführer Ingbert Liebing betonte hierzu, dass es eine der vordringlichsten Aufgaben staatlicher Strukturen sei – und Stadtwerke würden durchaus als solche wahrgenommen – den Menschen Sicherheit zu geben. Damit bezog er sich vor allem auf die Wende hin zu einer klimafreundlichen Energieversorgung, die aktiv von Stadtwerken getragen wird.

Gleichwohl teilte Liebing seine größte Sorge mit den Anwesenden: Dass nämlich am Ende die Menschen fehlen würden, die es zur konkreten Umsetzung der Energiewende brauche. Stichwort: Arbeitskräftemangel. Auch die Digitalisierung spiele eine wichtige Rolle, um die mit der Energiewende verbundenen Aufgaben und Prozesse effizient zu gestalten. Dabei werfe dieser Themenbereich wieder unzählige Fragen auf: Was braucht Digitalisierung? Wie gehen wir mit Daten um? Welche Infrastrukturen sind notwendig? Schlussendlich gehe es dann auch immer um die politischen Rahmenbedingungen und die Frage nach der finanziellen Unterstützung, so Liebing. Gerade die letzten beiden Punkte zogen sich wie ein roter Faden durch die beiden Kongresstage.

Dekarbonisierung durch Wasserstoff

Großes Potenzial, um die Energieversorgung zu dekarbonisieren, sahen die folgenden Referentinnen und Referenten in der Nutzung von Wasserstoff. Technologien zur Erzeugung gebe es; die Verteilung müsse über bestehende Netze wie der Gasinfrastruktur erfolgen. Das alles sei natürlich mit hohen Kosten verbunden, bekannte Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der RheinEnergie GmbH. EU-Parlamentarier Jens Geier verwies in der Finanzierungsfrage auf die Industrie: Von hier müsse die Hauptnachfrage kommen. Gleichzeitig nahm er die Hoffnung auf größere Finanzspritzen vonseiten der EU. "Wenn es Planungssicherheit gibt, dann werden die Investitionen kommen", war sich Henry Otto, Leiter der Energy Consulting bei PwC Deutschland, indes sicher. Was die zukünftig geforderte Wärmeplanung angeht, sagte Otto: "Das wird ein bürokratisches Monster. Da müssen wir alle zusammenarbeiten."

Mit Workshops und Break-Out Sessions ging es dann für die Teilnehmenden in den Mittag. Aus einem Potpourri an Themen konnten sie ihre unternehmenseigenen Schwerpunkte setzen. In einem Blitzlicht wurden innovative Quartierslösungen vorgestellt und Impulse für Nachhaltigkeit gegeben. Am Nachmittag ging es dann u. a. um den Arbeitskräftemangel. Business Coach Balian Buschbaum nannte hier als Schlüssel für mehr Arbeitgeberattraktivität: Bewusstsein und Diversität. Highlight zum Schluss war der Impuls von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der digital und live ins Plenum zugeschaltet war. Er betonte, wie entscheidend eine stärkere Kooperation auf kommunaler Ebene bei der Umsetzung der Klimawende sei und brachte seine Wertschätzung für den VKU und dessen Mitglieder zum Ausdruck: "Der VKU hat ein gewaltiges Gewicht in Berlin."

Impulse für Transformation in Kommunen

Tag zwei startete mit der Verleihung des Stadtwerke Awards 2023. In gewohnt professioneller Art stellte Kongress-Moderatorin Astrid Frohloff die nominierten Unternehmen vor. Aus 36 Einreichungen hatten es sechs in die engere Auswahl geschafft. Gewinnerin der diesjährigen Ausschreibung war die Stadtwerke Lübeck GmbH. Sie wurde für ihr Projekt "Urban Data Plattform" ausgezeichnet, welches Vorbildfunktion für die Umsetzung der digitalen Daseinsvorsorge habe. Den zweiten Platz teilten sich gleich zwei Unternehmen. Die Badenova Energie GmbH wurde für ihre digitale Energieleitplanung prämiert, mit der ein digitaler Zwilling erstellt und zukünftiger Energiebedarf modelliert werden kann. Ebenfalls ausgezeichnet wurden die Wuppertaler Stadtwerke für ihr Projekt "Tal.Markt Flex", mit dem die Dynamik von Lastverschiebungen und Preisen auf dem Energiemarkt sichtbar gemacht werden kann.

In der anschließenden politischen Standortbestimmung machte Ingbert Liebing dann nochmals den Brückenschlag zur Ansprache des Bundeswirtschaftsministers. Hier kritisierte er vor allem den Wunsch Habecks, kommunale Unternehmen sollten sich zu größeren Einheiten zusammentun, um effektiver zu sein. "Wo ist der statistische Beleg, dass kleine Einheiten schlechter sind als große?", so Liebing vorm Plenum. "Wir wollen, aber wir sind angewiesen auf gute Angebote. Wir brauchen sowohl die großen als auch die kleinen." Auch wenn in diesen zwei Tagen die drängendsten Fragen zur Finanzierung nicht beantwortet wurden, so hat der Kongress doch viele Impulse zur Lösung vieler anderer gesetzt, die nun in die Kommunen hineingetragen werden.

In Baden-Württemberg konnte der Bereich Abfallwirtschaft/Abwasser den Ausstoß klimaschädlicher Gase um 6,6 % senken. „Damit hat sich der positive Trend des Sektors weiter fortgesetzt“, sagte Umweltstaatssekretär André Baumann jüngst bei der Vorstellung der Abfallbilanz 2022. Ein wichtiger Grund für diesen Trend sieht Baumann in der Kreislaufführung von Abfällen. „Abfälle leisten auf vielfältige Weise einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, zur Energiewende und zur Rohstoffversorgung in Baden-Württemberg“, sagte er. Um die Kreislaufwirtschaft weiter auszubauen, gelte es, das Potenzial von Abfall als Wertstoff noch stärker zu nutzen. Hierfür müssten Abfälle noch öfter getrennt gesammelt werden. Dabei betonte Baumann insbesondere den Wert der biologischen und energetischen Verwertung von Bioabfall.

Ziel: 100 % Vergärung von Bioabfall

54 Kilogramm Bioabfälle pro Kopf wurden 2022 in Baden-Württemberg gesammelt. Davon gingen 32 % in Kompostierungsanlagen und wurden u. a. zu Dünger, Blumenerde und Bodenverbesserer weiterverarbeitet. Der größte Anteil der Bioabfälle gelangte in Vergärungsanlagen. Aus dem hier gewonnenen Biogas wurde klimafreundlicher Strom und Wärme erzeugt. Diese Mehrfachnutzung von Bioabfällen konnte gegenüber 2021 um 1 % auf 68 % gesteigert werden. Bereits bei der Vorstellung der Vorjahresbilanz formulierte Baumann hier ein klares Ziel: 100 % Vergärung. Zukünftig sollten 400.000 Menschen mit Strom und Wärme aus Bioabfall versorgt werden.

Um Abfälle solchermaßen wieder in den Kreislauf einzubringen, ist eine sorgsame Trennung der einzelnen Fraktionen notwendig. Was das Getrenntsammeln von Bioabfällen angeht, gibt es in Baden-Württemberg jedoch noch Luft nach oben. Stichpunktartige Untersuchungen haben ergeben, dass der Anteil fremder Stoffe im Bioabfall bei durchschnittlich 2,3 bis 2,6 % läge, wie eine Sprecherin des Umweltministeriums im Mai gegenüber den Badischen Neuesten Nachrichten sagte. In einzelnen Gebieten würden sogar Werte von bis zu 15 % berichtet. Glas, Plastik und andere Kunststoffe finden immer wieder ihren Weg in die braune Tonne und erschweren die Verwertung der organischen Abfälle. Das betrifft vor allem auch die vermeintlich kompostierbaren Plastiktüten.

Biogas für klimafreundlichen Strom

Um Fehlwürfe auf ein Minimum zu reduzieren, führen einige Landkreise bereits Kontrollen durch. So hat die Abfallwirtschaft im Rems-Murr-Kreis mit der Kreisstadt Waiblingen im Sommer schon zum zweiten Mal tausende Biotonnen auf Störstoffe untersucht. Für den Blick in die Tonne hatte das Entsorgungsunternehmen zusätzliches Personal und Sammelfahrzeuge mit Störstoffdetektoren eingesetzt. Tonnen mit Fremdstoffen blieben ungeleert stehen. Auf diese Weise will das kommunale Unternehmen die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis zu einer sorgfältigeren Trennung von Abfällen anregen.

Die Bioabfälle im Rems-Murr-Kreis gelangen dann zu 100 % in die kreiseigene Biovergärungsanlage nach Backnang-Neuschöntal. 2022 wurden aus den rund 37.500 Tonnen Bioabfall circa 5.900 Tonnen gütegesicherter Kompost hergestellt. Das bei der Vergärung entstandene Biogas versorgte knapp 3.000 Haushalte mit klimafreundlichem Strom.

Mehr Tempo 30 in Kommunen: Das könnte vielerorts bald Realität werden. Im Juni hatte das Bundeskabinett eine Reform des Straßenverkehrsgesetzes beschlossen. Diese sieht mehr Freiheiten für Kommunen bei der Verkehrsgestaltung vor, u. a. bei der Einrichtung neuer Busspuren, autofreier Straßen, Radwege und Tempo-30-Zonen. Hintergrund für die Reform ist im Wesentlichen ein Versprechen im Koalitionsvertrag. Hier heißt es wörtlich: „Wir werden Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrsordnung so anpassen, dass neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden, um Ländern und Kommunen Entscheidungsspielräume zu eröffnen.“ Der Gesetzesentwurf zum novellierten Straßenverkehrsgesetz soll bis Ende des Jahres im Bundesrat verabschiedet werden.

Kommunale Initiative fordert ortsbezogene Verkehrspolitik

Die Reform als wichtiger Schritt zur Verkehrswende wird vor allem seitens der Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ begrüßt. Dieses von den Städten Aachen, Augsburg, Freiburg, Hannover, Leipzig, Münster und Ulm gegründete kommunale Bündnis setzt sich seit 2021 gegenüber dem Bund für mehr Entscheidungsfreiheit bei einer stadtverträglichen Verkehrsgeschwindigkeit ein. Zum aktuellen Gesetzesentwurf sagte Sprecherin Frauke Burgdorff, Beigeordnete für Stadtentwicklung, Bau und Mobilität in Aachen, gegenüber dem Spiegel: „Die Tür ist endlich auf. Wenn die Reform des Straßenverkehrsgesetzes wie angekündigt umgesetzt wird, kommen wir einem Hauptziel der Initiative einen gewaltigen Schritt näher.“

Die Initiative wird aktuell von 914 Städten, Gemeinden und Landkreisen unterstützt. Sie wollen nach eigenen Angaben „selbst darüber entscheiden dürfen, wann und wo welche Geschwindigkeiten angeordnet werden – zielgerichtet, flexibel und ortsbezogen“. Hierzu gehört insbesondere eine Drosselung des innerstädtischen Verkehrs auf Tempo 30. Das Umweltbundesamt benennt mehrere Gründe, warum Kommunen zunehmend Tempo-30-Zonen auch an Hauptverkehrsstraßen einführen: Diese würden zu einer höheren Verkehrssicherheit, besserem Lärmschutz, Luftreinhaltung, Förderung von Fuß- und Radverkehr sowie einer höhere Aufenthaltsqualität beitragen. In einer Broschüre zum Thema bestätigt das Umweltbundesamt: „Nach jetziger Erkenntnislage haben die bestehenden Tempo-30-Regelungen an Hauptverkehrsstraßen überwiegend positive Wirkungen.“

Wissing: „Flächendeckend Tempo 30 ist vom Tisch“

Bisher durften Kommunen Tempo 30 nur an besonders gefährlichen Stellen sowie vor Schulen und Altenheimen anordnen – immer unter der Prämisse eines sicheren und flüssigen Verkehrs. Mit der Gesetzesnovelle eröffnen sich nun mehr Spielräume. Bundesverkehrsminister Volker Wissing betonte jedoch auch: „Es bleibt innerorts bei einer Richtgeschwindigkeit von 50 km/h. Flächendeckend Tempo 30 ist damit vom Tisch.“ Auch der Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte dazu: „Es gibt viele große Durchgangsstraßen, die für Pendler, aber auch für Handwerker und Lieferanten wichtig sind. Hier würde ein generelles Tempolimit möglicherweise dazu führen, dass der Verkehr sich in die Wohngebiete verlagert und somit zu zusätzlichen Belastungen führt.“

Inwieweit diese Bedenken eine reale Relevanz haben, muss sicher noch untersucht werden. Eine Auswertung des Umweltbundesamts von Verkehrsdaten aus bisherigen Tempo-30-Anordnungen hat keine nennenswerte Zunahme von Schleichverkehr gezeigt. Um die Attraktivität der Hauptstraßen beizubehalten, sollte die Planung eines Tempolimits aber immer im Netzzusammenhang und gemeinsam mit der Qualität des Verkehrsflusses gedacht werden, so die generelle Empfehlung. Wichtiger für die subjektive Wahrnehmung und damit die Akzeptanz von Tempo 30 sei vielmehr die Homogenität des Verkehrsflusses. Der könne Messungen zufolge bei Tempo 30 besser sein als bei Tempo 50.

Der Emissionsausstoß in der Abfallwirtschaft sinkt weiter. Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat der Abfallsektor 2021 insgesamt 8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen. Das entspricht einem Rückgang von rund 4,3 % zum Vorjahr. Im Vergleich zum Referenzjahr 1990 sind die Emissionen in diesem Bereich sogar um 78 % gesunken. Damit ist die Abfallwirtschaft der Hidden Champion des Klimaschutzes. "Keine andere Branche in Deutschland hat prozentual eine so hohe Reduktion des Ausstoßes von Klimagasen erreicht", befand der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) bereits 2018 in einer Broschüre zum Thema. Und der Trend setzt sich weiter fort.

Abfallwirtschaft: Weniger Emission durch Deponieverbot

38 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente emittierte die Abfallwirtschaft noch vor 23 Jahren. Diese Zahl hat sich kontinuierlich verringert. 2020 erreichte die Branche erstmals die im Klimaschutzgesetz festgeschriebene Jahresemissionsmenge von 9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Grund für den massiven Rückgang ist laut BMWK vor allem das seit 2005 geltende Deponierungsverbot unbehandelter Siedlungsabfälle. Denn die auf Deponien entstehenden Methanemissionen machen rund 77 % der Gesamtemissionen im Bereich Abfall aus. 12 % entfallen derweil auf die biologische Behandlung von festen Abfällen und 11 % auf die Abwasserbehandlung.

Auch die verstärkte stoffliche und energetische Nutzung von Abfällen leistet einen großen Beitrag zum Klimaschutz in diesem Sektor. So werden heutzutage mehr Wertstoffe getrennt erfasst und verwertet. Das betrifft insbesondere Verpackungen, Bioabfall, Altglas und Altpapier. Doch die Abfallwirtschaft hat ihr finales Ziel noch nicht erreicht: Laut Klimaschutzgesetz sollen die Treibhausgasemissionen hier bis 2030 auf 4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente sinken. Das entspräche einer nochmaligen Verringerung um rund 50 %.

Geringste Fortschritte bei Klimaschutz im Verkehr

Die Abfallwirtschaft verursacht lediglich 1 % der Gesamtemissionen in Deutschland. Das BMWK benennt fünf weitere Sektoren, die maßgeblich zum Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen hierzulande beitragen. Diese sind die Energie- und Landwirtschaft, die Industrie sowie der Verkehrs- und Gebäudesektor. Die Energiewirtschaft verursacht mit aktuell 247 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten den größten Anteil der klimaschädlichen Emissionen. Gefolgt wird sie von der Industrie mit 181 Millionen Tonnen und dem Verkehr mit 148. Der Gebäudesektor kommt 2021 auf 115 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten und die Landwirtschaft auf 61.

Insgesamt konnten alle Sektoren ihre Emissionswerte im Zeitraum von 1990 bis 2021 verringern. So verzeichnete die Energiewirtschaft einen Rückgang um 47 % und der Gebäudesektor um 45 %. Die Industrie emittierte 36 % weniger klimaschädliche Treibhausgase als noch vor 23 Jahren und auch bei der Landwirtschaft gab es einen deutlichen Rückgang um 25 %. Lediglich der Sektor Verkehr konnte seinen Emissionsausstoß nur geringfügig um 9 % reduzieren.

Hitze, Dürre und Starkregen sind in Deutschland längst keine Ausnahmeerscheinungen mehr. Doch Kommunen sind schlecht aufgestellt, um diesen Wetterextremen jetzt und in Zukunft zu begegnen. Von 329 Landkreisen und kreisfreien Städten haben nur rund 25 Prozent ein Konzept zur Anpassung an den Klimawandel, 22 Prozent planen ein solches und etwas mehr als die Hälfte haben bis dato keinen Plan, wie sie den klimatischen Veränderungen begegnen sollen. Das hat eine Befragung von NDR Data, WDR Quarks, BR Data und CORRECTIV ergeben.

„Es ist erschreckend, wie viele Kreise und Städte sich noch gar nicht mit dem Thema beschäftigt haben“, sagt Anja Bierwirth, Expertin für Stadtwandel am Wuppertal Institut, gegenüber CORRECTIV. „Bislang sind Städte, wie wir sie jetzt haben, absolute Hotspots für die Folgen des Klimawandels.“ Dicht bebaute und stark versiegelte Flächen in bewohnten Gebieten mit wenig bis kaum Pflanzenwuchs werden mehr und mehr zum Problem für Mensch und Umwelt. Wasser kann hier nicht versickern, bei Hitze gibt es kaum Abkühlung, hitzebedingte Sterbefälle nehmen seit Jahren zu.

Hitzetage in Deutschland auf Rekordniveau

Der Sommer 2023 hat gerade Halbzeit, doch schon jetzt ist die Bilanz des Deutschen Wetterdienstes ernüchternd: Der Juni war zu warm, zu sonnig und es gab zu wenig Regen in der Fläche. Der Juli bescherte uns bereits einige Hitzetage. Das sind Tage, an denen das Thermometer auf mindestens 30 Grad Celsius klettert. Seit den 1950er-Jahren hat sich deren Anzahl pro Jahr verdreifacht. Die Stadt Speyer in Rheinland-Pfalz ist mit 19,6 Hitzetagen jährlich Spitzenreiterin hierzulande. Auch im Landkreis Karlsruhe wurden zwischen 1993 und 2022 im Schnitt 17 Tage mit Temperaturen von mindestens 30 Grad Celsius gemessen. Durchschnittlich 9,8 Hitzetage pro Jahr gibt es mittlerweile in Deutschland. Die Folge sind Trockenheit und Dürre.

Angesichts anhaltender Trockenheit und niedriger Grundwasserstände haben in den vergangenen Wochen immer mehr Kommunen einen vorsichtigen Umgang mit Wasser angemahnt. In Sachsen-Anhalt und Niedersachsen wurde die Entnahme von Wasser vielerorts gar stark eingeschränkt, so im Altmarkkreis Salzwedel, in der Region Hannover und im Landkreis Gifhorn. Wasserverbände fordern dazu auf, für die Bewässerung von Grünanlagen und Gärten sowie das Befüllen von Pools kein Trinkwasser zu nutzen. Für den Fall, dass dieses in Zukunft knapp wird und rationiert werden muss, erarbeitet der Berliner Senat aktuell einen Notfallplan – Berlin-Brandenburg zählt zu trockensten Regionen Deutschlands.

Die Mehrheit der Landkreise und kreisfreien Städte sind sich im Klaren darüber, dass die Auswirkungen des Klimawandels gefährlich und teuer werden, so das Ergebnis der Umfrage. Neun von zehn rechnen mit einer Zunahme von extremen Wetterereignissen. Rund die Hälfte sieht einen Mangel an Wasser voraus. Auf die Herausforderungen des Klimawandels wird jedoch mehr reagiert als bewusst vorgesorgt.

Stadtgrün gegen Hitze und Dürre

Jan Paul, Sprecher der Initiative „Grün in die Stadt“ und Vizepräsident des Bundesverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V., sieht das Hauptproblem der Städte in deren Versiegelung. Er fordert deshalb mehr Grün und setzt Parkanlagen, Alleen, Dach- und Fassadenbegrünung sowie Stadtwälder gleich mit Strom-, Wasser- und Abwasserversorgung. „Städtische Grünflächen kühlen die nähere Umgebung ab und beugen Hitzeinseln vor, mildern die Folgen von Starkregenereignissen, binden aktiv CO2 und regulieren insgesamt somit das städtische Mikroklima“, sagt er im Interview mit Treffpunkt Kommune.

Bereits heute würden 79 Prozent der Menschen in Deutschland die Rekordtemperaturen im Sommer als stark bis teilweise belastend wahrnehmen, so Paul. „Da wird klar, wie wichtig Investitionen in städtisches Grün auch mit Blick auf die kommenden Jahre und Jahrzehnte sind.“ Der Grünexperte empfiehlt Kommunen, mithilfe von blau-grüner Infrastruktur eine Netto-Null-Versiegelung anzustreben. Stadtgrün müsse als zentraler Baustein für urbane Lebensqualität und als Lösungsansatz für die Abmilderung von Klimafolgen konsequent mitgedacht und nicht nur als unnötige Kostenstelle betrachtet werden.

Hochwasser frühzeitig erkennen, Leben retten und Schäden reduzieren: Mit dem „Hochwasserschutzsystem 4.0“ im Bergischen Land in NRW soll das gelingen. Auf Initiative regionaler Unternehmen wird derzeit ein neues Frühwarnsystem für Überflutungsereignisse entwickelt. Mittels künstlicher Intelligenz sollen Vorhersagen von Wasserpegeln und weiteren relevanten Informationen verbessert werden. Am Projekt beteiligt sind die Heinz Berger Maschinenfabrik, die Bergische Universität Wuppertal, der Wupperverband, die Bergische Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die Wuppertaler Stadtwerke und die Bergische IHK. Gefördert wird das Gemeinschaftsprojekt vom nordrhein-westfälischen Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit insgesamt 2,8 Millionen Euro.

Hochwasser: Verbesserte Prognosen mit KI

Das neue System arbeitet mit digitalen Sensoren, die allerhand relevante Informationen erfassen. Hierzu gehören die Pegelstände an Gewässern, Kanälen und Rückhaltebecken, Niederschlagsmengen, Unterwasserdruck, Luftdruck, -temperatur und -feuchtigkeit sowie Windstärke und -richtung. Künstliche Intelligenz soll in diesen Daten Muster erkennen, die auf einen Wasseranstieg hindeuten. Über eine lokale App, die der Wupperverband entwickelt, werden gefährdete Unternehmen dann in Echtzeit über Pegelstände informiert und erhalten Prognosen und Warnungen.

„Das Hochwasserschutzsystem 4.0 erkennt Gefahren präziser als etablierte Warnsysteme und kann somit Alarm schlagen, wenn Gewässer über die Ufer zu treten drohen“, erklärt Dr Andreas Groß, Geschäftsführer der Berger Gruppe und Initiator des Projekts. Seine Motivation zur Entwicklung eines zuverlässigen Systems ist hoch: 2021 war die Heinz Berger Maschinenfabrik vom Sommerhochwasser stark betroffen. Nach einer Planungsphase, in der die Projektbeteiligten Arbeitspakete u. a. zur Infrastruktur der Sensorik sowie der Entwicklung des KI-Modells und einer Warn-App definiert hatten, geht es nun in die Umsetzung. Das Projekt läuft bis Ende 2025. Nach der Einführung des Tools im Bergischen Land sollen auch alle anderen Regionen in NRW darauf zugreifen können.

Auch Kiel entwickelt intelligentes Schutzsystem

Auch in Schleswig-Holstein wird aktuell an einer verbesserten Hochwasserprognose mittels KI gearbeitet. Das Risiko für Hochwasser ist hier vergleichsweise hoch: Das Land hat ca. 1.400 Kilometer Küste. Dabei befinden sich rund 20 % der Landesfläche unterhalb der kritischen Höhe von 2,5 Meter über dem Meeresspiegel. Mit mehr als 32.000 Kilometern fließenden Gewässern und ca. 30 Seen ist auch im Binnenland eine Überflutungsgefährdung gegeben. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel (CAU) entwickeln daher gemeinsam mit dem Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) ein KI-gestütztes Hochwasserfrühwarnsystem. Das soll Wasserstände an Binnenpegel vorhersagen und vor möglichen Gefahrenlagen warnen. Gefördert wird die Entwicklung des Systems vom Land mit rund 255.000 Euro über drei Jahre.

Der schleswig-holsteinische Digitalisierungsminister Dirk Schrödter sieht in der künstlichen Intelligenz ein wichtiges Instrument im Kampf gegen den Klimawandel. KI böte enorme Chancen für den Natur- und Umweltschutz. „Die Meeresspiegel steigen, dadurch nehmen auch Überschwemmungen im Landesinneren zu. Dieses Projekt der CAU und des LLUR zeigt eindrucksvoll das große ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Potenzial von KI, das wir in Schleswig-Holstein weiter ausschöpfen werden.“

2015 formulierten die Vereinten Nationen (UN) 17 Nachhaltigkeitsziele – die Sustainable Development Goals (SGD). Diese sind in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung fixiert. In der Umsetzung dieser Ziele bis 2030 spielen auch die Kommunen eine tragende Rolle. Pünktlich zur Halbzeit hat das Deutsche Institut für Urbanistik (difu) im Auftrag der Bertelsmannstiftung deshalb ermittelt, wie es um das Erreichen der SDGs steht. Das Ergebnis der Studie: Es wurde bereits sehr viel getan. Doch das bisherige Tempo reicht nicht aus, um die Ziele im vorgesehenen Zeitraum zu erreichen.

Agenda 2030: Größte Fortschritte bei Armut, Energie und Arbeit

In einigen Bereichen zeigen sich die Kommunen erfolgreicher als in anderen. Die größten Fortschritte wurden in den Bereichen „Keine Armut“ (SDG 1), „Bezahlbare und saubere Energie“ (7), „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ (8), „Industrie, Innovation und Infrastruktur“ (9) sowie bei „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“ (16) erzielt. Zudem ergab eine Befragung im Rahmen der Studie, dass die Ziele „Hochwertige Bildung“ (4), „Bezahlbare und saubere Energie“ (7) sowie „Maßnahmen zum Klimaschutz“ eine besonders hohe Relevanz in den Kommunen haben.

Zehn Maßnahmen zur Umsetzung der SGDs in Kommunen

Insgesamt ist dem Gros der Kommunen (73 Prozent) eine nachhaltige Entwicklung wichtig. Zugleich herrscht unter ihnen jedoch Unzufriedenheit über deren unzureichende Umsetzung. „Die Kommunen wollen und müssen sich auf den Weg machen“, heißt es in einer Zusammenfassung der Bertelsmannstiftung. Als Hauptprobleme identifiziert das difu eine fehlende Gesamtstrategie für die zentralen Nachhaltigkeitsaktivitäten sowie deren Verknüpfung an die Haushaltsplanung und ein entsprechendes Monitoring.

Um die Anstrengungen für mehr Nachhaltigkeit zu erhöhen, bedürfe es insgesamt einer besseren Unterstützung durch Bund und Länder. Zudem leiten die Studienautorinnen und -autoren zehn Schlussfolgerungen bzw. Maßnahmen ab. Die sollen eine Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele beschleunigen:

  • Für mehr Klimaschutz braucht es eine Ressourcenwende – etwa durch einen deutlich verstärkten Fokus auf Kreislaufwirtschaft.
  • Um Biodiversität zu erhalten, muss die tägliche Inanspruchnahme neuer Flächen erheblich reduziert werden – Stichwort: Flächenwende.
  • Für eine soziale Gesellschaftswende bedarf es höheren Engagements.
  • Die Kommunen brauchen eine starke politische Rückendeckung durch Bund und Länder.
  • Die zahlreichen Förderprogramme müssen stärker gebündelt, verstetigt und im Sinne der Kommunen bedarfsgerechter fokussiert werden.
  • Für eine umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung müssen räumliche und zeitliche Datenlücken geschlossen werden.
  • Die Kommunen müssen dringend „ins Tun kommen“. Das bedeutet: Alle Impulse werden genutzt und eine nachhaltige Entwicklung wird flächendeckend umgesetzt.
  • Dabei sollen die Kommunen das Rad nicht neu erfinden, sondern erprobte Instrumente nutzen und deren Anwendung verstetigen.
  • Ferner gilt es auf Basis der Instrumente konkrete Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen sowie deren strategische Steuerung und Wirkungsmessung auszubauen.

„Damit ihr Wissen nicht in Rente geht": Wie das vor dem Hintergrund der Digitalisierung gelingt, war Thema einer Veranstaltung des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) zum Digitaltag 2023. Hierfür hatte der Verband den Technischen Vorstand der Mainzer Stadtwerke, Tobias Brosze, und dessen Kollegen Roman Benteler, Ressortleiter Digitalisierung, eingeladen. Im Vortrag gaben die Referenten einen Überblick über die Herausforderungen durch Fachkräftemangel und demografischen Wandel in kommunalen Unternehmen. Gleichzeitig zeigten sie die Potenziale der Digitalisierung auf, um mit diesen gesellschaftlichen Veränderungen Schritt halten zu können. Unter Moderation von Dr. Maria Rost, VKU-Bereichsleiterin Digitales, nahmen rund 70 Vertreterinnen und Vertreter aus Kommunen und Unternehmen am Online-Seminar teil.

Fachkräftemangel mit digitalem Wissensmanagement begegnen

„In den nächsten zehn Jahren werden 48 % der Fachkräfte in den Ruhestand gehen", lautete die Prognose von Tobias Brosze zu Beginn. Das sei ein Teil des Problems. Denn mit dem Ausscheiden langjähriger Mitarbeitenden gehe auch häufig wertvolles Wissen verloren. Ein weiteres Problem: Viele Fachkräfte täten sich mit den neuen Anforderungen der Digitalisierung schwer. Das wiederum befeuere einen zukünftigen Fachkräftemangel. Und: Die nachfolgenden Generationen brächten zwar große digitale Kompetenzen mit, verfügten aber nicht über das notwendige Know-how. Zudem sei ihre Bereitschaft, den Arbeitgeber zu wechseln, höher als noch vor zehn Jahren.

Was also tun angesichts von schwindendem Fachwissen und Mentalitätswandel auf dem Arbeitsmarkt? „Wir müssen Systeme etablieren, die das Wissen als Ressource konservieren", so Tobias Brosze. Sein Lösungsweg: Systematisierung, Prozessentwicklung und digitales Wissensmanagement. Auch wenn Letzteres mit zeitlichen und finanziellen Kosten verbunden sei, zahle sich der Aufwand langfristig aus, ist Brosze überzeugt. Deshalb haben die Mainzer Stadtwerke in Kooperation mit ZDF Digital und anderen Stadtwerken die Software kapiro entwickelt. Mit dem Wissensmanagement-Tool können alle Mitarbeitenden eines Unternehmens jederzeit auf das Fachwissen ihrer Kolleginnen und Kollegen zurückgreifen und eigenes Wissen konservieren.

Digitales Tool: Unkomplizierte Wissensvermittlung für alle

Eine unkomplizierte Wissensvermittlung, die für alle leicht zu bedienen ist, – das ist der Anspruch von kapiro, so Roman Benteler, Produktmanager der Software und Leiter im Bereich Digitalisierung der Stadtwerke Mainz. Fachkräfte, Meister, operative Leitung, Auszubildende und Ausbilder könnten das Tool nutzen, um Fachwissen zu teilen und Arbeitsanleitungen nachhaltig zu sichern. Dabei sei die Funktionsweise so einfach, dass auch technisch weniger affine Mitarbeitende Anleitungen, Bilder, Videos etc. weitergeben und nutzen könnten. Das ist ganz im Sinne der Initiative „Digital für alle", die den Anstoß zum Digitaltag gab. Ihr Ziel ist es, digitale Teilhabe in Deutschland zu fördern, Kompetenzen zu stärken und Digitalisierung überall für Menschen erlebbar zu machen.

Wie aber bricht man die „Wissenssilos" bei Mitarbeitenden auf? Getreu dem Motto „Wissen ist Macht" behalten Einzelne ihr Know-how gerne für sich. Hier rieten die Referenten: Mitarbeitende auffordern, ihr Wissen zu teilen, und Expertenwissen wertschätzen – auch digital. Zudem könne im gemeinsamen Austausch und Hinterfragen mit Teams bislang nicht geteiltes Wissen identifiziert und eine Wissenslandkarte aufgebaut werden. Hierfür brauche es meist aber einen Anstoß und Ressourcen für die konkrete Auseinandersetzung mit dem Thema.

Fachkräftemangel ist größte Bremse für Kommunalwirtschaft

Dass eine fehlende Weitergabe von Kompetenzen nicht zwangsläufig die kommunale Wirtschaftlichkeit gefährde, stellte Tobias Brosze zum Abschluss nochmals klar. Er sieht die fehlenden Fachkräfte als größte Bremse – auch bei weiteren Entwicklungen im Klimaschutz. Die Wissensvermittlung durch Wissenssicherung könne aber neben der Prozessoptimierung und Mitarbeiterbindung eine entscheidende Lösung sein. Je einfacher, desto besser.

Baden-Württemberg will bis 2040 klimaneutral sein. Unter dem Dach des Sofortprogramms Klimaschutz und Energiewende möchte das Land in den kommenden Jahren erneuerbare Energien massiv ausbauen und seine Treibhausgasemissionen stark verringern. Damit das gelingt, ist die Mitarbeit der Kommunen gefragt.

Um diese „Auf dem Weg zur Klimaneutralität“ zu unterstützen, hat das baden-württembergische Umweltministerium einen gleichnamigen Wettbewerb ins Leben gerufen. Städte und Gemeinden sollen hier für umfassende Konzepte für Klimaschutz ausgezeichnet und bei deren weiterer Umsetzung finanziell noch stärker unterstützt werden.

Klimaneutralität bis 2035: Vier Kommunen ausgezeichnet

Zwölf Kommunen aus Baden-Württemberg nahmen am kommunalen Förderwettbewerb teil. Vier davon wurden im April als „Vorreiter-Kommunen“ für ihre ambitionierten Klimaschutzziele ausgezeichnet: Ludwigsburg, Freiburg, Denzlingen sowie der Landkreis Calw. In den nächsten drei Jahren erhalten diese eine Förderung von insgesamt 11,5 Millionen Euro für die Realisierung entsprechender Maßnahmen.

„Ich freue mich, vier unterschiedlich große Modell-Kommunen unterstützen zu können, die sich das ehrgeizige Ziel der Klimaneutralität bis 2035 gesetzt haben“, sagte Ministerin für Umwelt und Klimaschutz Thekla Walker in einer Pressemitteilung. „Ich bin mir sicher, dass diese als ambitionierte Vorreiter mit ihren geplanten Maßnahmen Mut machen und viele Nachahmer finden.“

Ludwigsburg bekommt zwei Millionen Euro

Die Höhe der Förderung bemisst sich an der Größe der jeweiligen Kommune. Als mittelgroße Stadt der Größenklasse B (20.000 bis 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner) erhält Ludwigsburg zwei Millionen Euro. Schon jetzt bezeichnet sich die Stadt als „Vorreiter-Kommune für Nachhaltigkeit“. „Die Förderung des Landes gibt uns auf unserem Weg zur Klimaneutralität zusätzlichen Rückenwind“, so Oberbürgermeister Matthias Knecht.

Mit innovativen Maßnahmen will Ludwigsburg die großen Sektoren Wärme, Strom und Mobilität in den kommenden zwölf Jahren treibhausgasneutral machen. Hier käme es auf den vollen Einsatz von Politik, Verwaltung, Wirtschaft und auch der Bürgerschaft an, betonte Knecht. „Genau jetzt ist die Zeit, praktische Schritte zu tun.“

Landkreis Calw mit höchster Summe gefördert

Die Stadt Freiburg wurde als Kommune der Größenklasse C (größer als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner) ausgezeichnet. „Wir alle wissen, dass die Zeit drängt“, bekannte Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn. Die Ziele seien klar, nun gehe es um mehr Geschwindigkeit und Investitionen. Für letzteres kann die Kommune nun auf vier Millionen Euro Förderung zusätzlich zurückgreifen.

Bis zu fünf Millionen Euro bekommt der Landkreis Calw. Landrat Helmut Riegger freut sich über diese Auszeichnung: „Es ist ein starkes Zeichen, dass wir als Modelllandkreis ausgewählt wurden und Unterstützung für unsere ambitionierte Klimaschutzarbeit erhalten.“ Als kleinste Kommune mit unter 20.000 Einwohnerinnen und Einwohnern wird Denzlingen mit bis zu 500.000 Euro gefördert.

Die Stadtentsorgung Potsdam (STEP) will künftig mithilfe eines auf Künstlicher Intelligenz (KI) gestützten Messsystems für sauberere Straßen in der Landeshauptstadt sorgen. Seit dem 1. Juni sind hierzu fünf Kehrmaschinen der STEP entsprechend aufgerüstet. Eine integrierte Kamera erfasst praktisch im Vorbeifahren nicht nur das Ausmaß der Verschmutzung, sondern gleichzeitig auch die verschiedenen Arten von Abfällen, die zu diesem beitragen, wie Zigarettenstummel, Glasscherben oder Papier.

STEP-Geschäftsführer Florian Freitag: „Wenn wir wissen, welche Straßen wann und auf welche Weise verschmutzt sind, können wir die Ressourcen in der Straßenreinigung praktisch punktgenau einsetzen. Die verbesserte Effizienz führt wiederum zu höherer Sauberkeit bei gleichzeitig geringerem Einsatz von Energie, Arbeitskraft und Zeit.“

Verbessertes Abfallmanagement mit KI

Das aus der Schweiz stammende Messsystem trägt den Namen CORTEXIA und wird in Deutschland von REMONDIS Digital betrieben. Johannes Schön, Geschäftsführer REMONDIS Digital: „Um Städte und Kommunen wirklich effizient reinigen zu können, müssen sie genau wissen, wo wann welcher Schmutz anfällt. CORTEXIA bietet hierfür ein einzigartiges System, das diese komplexe Aufgabe ohne nennenswerten Mehraufwand löst.”

In Potsdam wurde es bereits von September letzten Jahres bis Ende März mit einer Kleinkehrmaschine getestet. Die in dieser Testphase gesammelten Daten beschränken sich momentan noch auf die Rad- und Gehwege der Stadt. Mit der Ausweitung auf vier weitere Kehrmaschinen soll nun eine umfassende Analyse des gesamten Stadtgebiets und eines ganzjährigen Zeitraums in Angriff genommen werden.

OB Potsdam: Neues Messsystem schafft Win-Win-Situation

Anhand der Ergebnisse der Datenerfassung lassen sich passgenaue Reinigungsstrategien für die verschiedenen Stadtbereiche entwickeln. So kann etwa der Reinigungsturnus für besonders schmutzige Hotspots erhöht und der für sehr saubere Straßenzüge reduziert werden. Mit Blick auf das ganze Jahr wären zudem mitunter saisonale Abfallbehälter in Ballungsräumen eine denkbare Maßnahme zur Reduzierung von Littering.

„Mit dem neuen KI-gestützten System schaffen wir eine kommunalwirtschaftliche Win-Win-Situation“, erklärt Oberbürgermeister Mike Schubert. „Über die dadurch ermöglichte bedarfsgerechte Straßenreinigung können wir unsere Ressourcen so einsetzen, dass unsere Straßen in Summe sauberer sind, während wir gleichzeitig unnötigen Aufwand und Kosten sparen.“

Die Bundesgütegemeinschaft Kompost e. V. (BGK) mit Sitz in Köln hat den „Tag der Biotonne“ ins Leben gerufen. Dieser soll fortan am 26. Mai bundesweit stattfinden. Mit dem besonderen Tag will der Verein die Entwicklung hin zu einer sortenreinen Erfassung von Bioabfall stärker unterstützen und vorantreiben.

Entsprechende Verbände, Organisationen, Entsorgungsträger und Betreiber sind an diesem Tag dazu aufgefordert, die breite Öffentlichkeit darüber zu informieren, wie wichtig und sinnvoll das Getrenntsammeln von Bioabfällen ist. „Wenn alle, die in der Bioabfallbranche tätig sind, diesen Tag nutzen, um die Bedeutung der getrennten Bioabfallsammlung hervorzuheben, können wir gemeinsam am meisten erreichen“, schreibt der BGK in einer aktuellen Pressemitteilung.

Ein übergreifendes Konzept bedürfe es dabei nicht, so der Verein. Beteiligte Akteurinnen und Akteure sollten im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf diesen Tag aufmerksam machen und individuell agieren, um die gemeinsame Botschaft zu verbreiten. Dies könne beispielsweise in Form von Pressemitteilungen, Veranstaltungen, Social Media oder der Abfallberatung erfolgen. Geplante Aktivitäten können auf der Website www.tag-der-biotonne.de eingetragen und gesammelt werden.

Bioabfall ist wichtiger Teil der Kreislaufwirtschaft

Innerhalb der Kreislaufwirtschaft nehmen Bioabfälle eine wichtige Rolle ein. Aus ihnen können hochwertige Komposte und Gärprodukte wie Biogas erzeugt werden. Voraussetzung hierfür ist eine sortenreine Trennung der Abfälle. Die beginnt bei den Bürgerinnen und Bürgern. Um diese zu unterstützen, sind Städte und Gemeinden seit 2015 über das Kreislaufwirtschaftsgesetz (§ 20) dazu verpflichtet, ein System zur Getrenntsammlung von Küchen- und Gartenabfällen bereitzustellen. Überdies besteht ein kommunaler Anschluss- und Benutzungszwang für eine Biotonne.

Wie eine Analyse des NABU von 2023 zeigt, haben mittlerweile 285 von 400 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland eine Pflicht-Biotonne eingeführt. Haushalte können von dieser Pflicht lediglich befreit werden, wenn sie ihre Bioabfälle im eigenen Garten kompostieren. 115 Städte und Kreise haben noch keine flächendeckende und verbindliche Tonne für Bioabfälle. Die Getrenntsammlung findet hier entweder freiwillig, über ein anderes System wie einer zentralen Sammelstelle oder gar nicht statt.

Pflicht-Biotonne für bessere Getrenntsammlung

Was die tatsächliche Abfallsammlung betrifft, so schneiden laut NABU freiwillige Biotonnen oder Bringsysteme deutlich schlechter ab. Bioabfälle würden signifikant weniger gesammelt, dafür deutlich mehr Restabfall als in Kommunen mit Pflicht-Biotonnen. Wertvoller Bioabfall im Restmüll ist für die Kreislaufwirtschaft unwiederbringlich verloren, da dieser hier mit den anderen Restabfällen in die thermische Verwertung geht.

2021 wurden in Deutschland rund 5,6 Millionen Tonnen Küchen- und Gartenabfälle über die Biotonne gesammelt. Weitere vier Millionen Tonnen landen dagegen jährlich in der Restmülltonne. Die Zahlen zeigen: Bei der Getrenntsammlung von Bioabfällen ist noch Luft nach oben. Um die Sammelquote zu erhöhen, ist daher eine flächendeckende Bereitstellung von Pflicht-Biotonnen sinnvoll. Hier sind vor allem Kommunen gefragt.

Ab Mai 2025: Kontrollwerte für Fremdstoffe in Bioabfällen

Mit der Novelle der Bioabfallverordnung (BioAbfV) 2022 rückt rechtlich gesehen auch erstmals die Reinheit von Bioabfällen in den Fokus. Öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger müssen darauf achten, dass eingesammelte Bioabfälle und Gemische gesetzlich festgelegte Höchstwerte für Schad- und Fremdstoffe, v. a. Kunststoffe, so weit wie möglich unterschreiten. Ab dem 1. Mai 2025 müssen Anlagenbetreiber vor Annahme von Bioabfällen überdies eine Sichtkontrolle durchführen, um den Anteil der Fremdstoffe zu bestimmen. Liegt dieser bei mehr als 3 %, können sie die Annahme der Abfälle zurückweisen.

Was Bürgerinnen und Bürger zum Getrenntsammeln von Bioabfällen wissen müssen, lesen Sie hier bei Klimaschutz Kommune.

PFAS – kurz für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen – gelten als ewige Chemikalien oder auch „Jahrhundertgift“. Sie können in der Umwelt nicht abgebaut werden. Einige dieser Stoffe sind aber nicht nur nahezu unzerstörbar, sondern auch extrem gesundheitsschädigend.

Das Umweltbundesamt und andere europäische Institutionen fordern daher ein vorsorgliches Verbot der schädlichen Chemikalien – mit wenigen notwendigen Ausnahmen in der EU. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag wurde von der Europäischen Chemikalienagentur ECHA im Februar eingereicht.

Momentan sind die Chemikalien noch in zahlreichen Produkten wie Outdoor-Bekleidung oder beschichteten Pfannen zu finden. Und nicht nur da: Der Rechercheverbund NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung haben 2022 in einer monatelangen Nachforschung ermittelt, welche Flächen in Deutschland potentiell mit dem Jahrhundertgift belastet sind. Das Ergebnis ist ernüchternd.

300 gefährliche PFAS-Hotspots in Deutschland

Die Medien beteiligten sich am Forever Pollution Project, indem Journalistinnen und Journalisten die Chemikalien in ganz Europa aufgespürt haben. Bei ihrer Suche verwendeten sie eine erprobte Methodik, die vom PFAS Project Lab in Boston (USA) für die PFAS Sites and Community Resources Maps entwickelt wurde.

Die paneuropäische Recherche identifizierte über 17.000 Orte in Europa, die definitiv kontaminiert sind. Weitere 21.000 sind aufgrund früherer industrieller Aktivitäten wahrscheinlich belastet. Das Recherchenetzwerk geht in 2.100 Fällen davon aus, dass es sich um sogenannte PFAS-Hotspots handelt. Bei diesen ist das Ausmaß der Kontamination so groß, dass eine erhebliche Gefährdung der Bevölkerung besteht.

Die Ergebnisse für Deutschland sind ähnlich erschreckend. Insgesamt wurde für mehr als 1.500 Orte eine potentielle Belastung festgestellt. Über 300 davon sind gefährliche Hotspots. In vielen Fällen sind Anwohnerinnen und Anwohner über die Gefahr in ihrer Umgebung nicht informiert worden, wie die Recherche ergab.

Ein teures Erbe

PFAS sind nicht nur gesundheitsschädigend. Aufgrund ihrer „Ewigkeit“ sind sie auch extrem teuer. Einer Studie des Nordischen Ministerrats zufolge belaufen sich die Beseitigungskosten für belastete Gebiete in Europa auf rund 17 Milliarden Dollar. Ein grundsätzliches Verbot der Substanzen wäre allein schon aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll.

„Aus Liebe zur Natur“ – mit diesem Slogan wirbt der Discounter Lidl aktuell für seine neue PET-Einwegflasche. Die soll ganz besonders ökologisch sein, wie das prominente Werbegesicht Günther Jauch in der Kampagne betont. Die Botschaft: Gute Einwegsysteme mit Pfand könnten genauso klimaschonend sein wie gute Mehrwegsysteme, wenn das Material im Kreis geführt und neue Flaschen aus alten hergestellt würden.

Ökologischere Einwegflasche durch effektives Kreislaufsystem

Tatsächlich hat das Unternehmen ein de facto hauseigenes und effektives Kreislaufsystem geschaffen. Als Teil der Schwarz-Gruppe, welche u. a. auch die Mitteldeutsche Erfrischungsgetränke Gruppe MEG als Getränke- und Recyclingnetzwerk unterhält, kann Lidl auf unternehmenseigene Werke für Kunststoff und Recycling zugreifen. Hier werden 100 % recycelte PET-Flaschen hergestellt, welche tendenziell regional abgefüllt werden. Zusammen mit vergleichsweise kurzen Transportwegen führt das zu einer verbesserten Ökobilanz.

Mit diesem hochoptimierten Einwegsystem kann es die Kreislaufflasche mit manchen Mehrwegflaschen aufnehmen. Das hat das Heidelberger Institut für Energie und Umwelt (IFEU) dem Lebensmittel-Discounter wissenschaftlich belegt. Um die Ökobilanz der neuen PET-Einwegflaschen zu ermitteln, hatte die MEG-Gruppe eine Studie beim IFEU in Auftrag gegeben.

Keine pauschalen Aussagen zu PET-Einwegflaschen möglich

Hinsichtlich ihrer Ökobilanz ist die Kreislaufflasche im Vergleich zu einigen Mehrwegflaschen zwar „mehrheitlich mindestens konkurrenzfähig“. Doch die Studienautoren weisen auch auf wesentliche Beschränkungen hin.

So ermöglichten die Ergebnisse keine pauschalen Aussagen zur Ökobilanz von PET-Einwegflaschen. Auch könnten keine allgemeinen Verbindlichkeiten für eine generelle Verbesserung von PET-Einwegflaschen in Deutschland abgeleitet werden. Die hochoptimierte Kreislaufflasche funktioniere nur in der „hochintegrierten Umgebung“ der MEG. Auch der Einsatz von 100 % recyceltem PET sei langfristig nicht in allen Flaschen realisierbar.

Beim Vergleich der neuen Lidl-Flasche mit Mehrwegflaschen sei außerdem Folgendes zu beachten: Die Abbildung der Mehrwegflaschen erfolgte auf Basis von Daten aus zwei relevanten Studien der Jahre 2008 und 2010 (Ökobilanz GDB und IK). Für die aktuelle Untersuchung wurden diese an den derzeitigen Marktdurchschnitt angepasst.

Kontroverse Meinungen zur Kreislaufflasche

Seitens einiger Umweltexperten wird die Lidl-Kampagne kritisch bewertet. Als „Greenwashing“ und „klassische Lobbyarbeit“ bezeichnete Greenpeace-Recyclingexpertin Viola Wohlgemuth die Studie gegenüber dem stern. Der Leiter der Abteilung Kreislaufwirtschaft der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Thomas Fischer bekannte zwar in einem Interview mit dem SWR, dass die Lidl-Einwegflaschen im Vergleich zur Vergangenheit umweltfreundlicher geworden seien. Die Recyclingquote von nahezu 100 % funktioniere in dieser Art derzeit aber nur bei Lidl. Außerdem bemängelte Fischer den Aufbau der Studie. Hier würden „Äpfel mit Birnen“ verglichen.

Der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung bvse sieht die Lidl-Aktivität dagegen positiv. Geschäftsführer Jörg Lacher sagte gegenüber Klimaschutz Kommune: „Sicher lässt sich das ein oder andere Detail kritisieren. Für uns ist aber entscheidend, dass die PET-Flaschen einem Recycling zugeführt werden. Außerdem begrüßen wir, dass die in Umlauf gebrachten Flaschen mit recyceltem Ausgangsmaterial hergestellt werden.“

Mit weniger Müll für mehr Klimaschutz: Als erste ostdeutsche Stadt will Leipzig Zero.Waste.City werden. „Mit der Umsetzung einer Zero Waste Strategie bekennt sich die Stadt einmal mehr zum Klimaschutz und zeigt, dass sie global denkt und im Konkreten lokal verantwortlich handelt“, sagte Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal in einer Pressemitteilung. Leitmotiv für die Strategie: „Mein Leipzig schon' ich mir! Ressourcen sparen, Zukunft wagen.“

Federführend für die Umsetzung ist der Eigenbetrieb Stadtreinigung. Die will bis zum November 2023 einen umfassenden Maßnahmenkatalog erarbeiten. Hierbei setzt die Stadtreinigung auf die Beteiligung lokaler Initiativen, Vertreterinnen und Vertreter aus Gewerbe und Bildungseinrichtungen sowie engagierter Bürgerschaft.

Am 8. Mai 2023 fand dafür in der Leipziger Stadtbibliothek eine Veranstaltung statt, in der sich Bürgerinnen und Bürger mit Ideen zum Thema einbringen konnten. In zwei Bürgerforen und mehreren Fachworkshops wurden Vorschläge erarbeitet, um das Abfallaufkommen in der Stadt zu reduzieren und Ressourcen zu schützen.

Stadtreinigung entwickelt Zero Waste Konzept

Seit April 2022 beschäftigt sich eine Koordinatorenstelle in der Stadtreinigung damit, ein entsprechendes Konzept zu entwickeln. Als Vorbild dient dabei die Stadt Kiel. Diese ist die erste deutsche Stadt mit Kandidatenstatus auf das begehrte Umweltprädikat.

Erstes Etappenziel für Leipzig: Bis 2030 eine Verringerung des jährlichen Pro-Kopf-Abfalls um zehn Prozent. Das sind 125 Kilogramm weniger Restabfälle und 330 Kilogramm weniger Siedlungsabfälle pro Bürgerin und Bürger und Jahr. Um das Ziel zu erreichen, arbeitet die Stadtreinigung an Projekten zur Abfallvermeidung. Im Fokus: Verbraucherinnen und Verbraucher und ihr Konsumverhalten. Hier möchte die Stadtreinigung dafür sensibilisieren, statt Dinge neu zu kaufen, vermehrt auf zweite Hand zu setzen, Gebrauchsgegenstände zu reparieren, auszuleihen oder zu tauschen.

Zero Waste City: So geht's

Um Zero-Waste.City zu werden, müssen sich interessierte Kommunen zuerst einen Zertifizierungsprozess bei der Organisation Zero Waste Europe durchlaufen. Hierfür verpflichten sie sich, ihre lokalen Siedlungsabfälle in jährlich definierten Schritten um 90 Prozent zu verringern. Außerdem müssen sie in Zukunft darauf verzichten, unbehandelte Abfälle zu verbrennen und auf Deponien abzulagern. Zum Abschluss des Prozesses reichen die potentiellen Kandidaten ein verbindliches und vom jeweiligen Stadtrat beschlossenes Konzept ein, in dem sie ihre Strategie hin zu weniger Abfall festschreiben und diese dann auch umsetzen.

Neben Leipzig und Kiel haben sich auch München, Berlin, Düsseldorf und Köln auf den Weg zur Zero.Waste.City gemacht. Für die Stadt Würzburg prüft derzeit ein neuer Agenda 21-Arbeitskreis ein solches Vorhaben. Zero Waste ist im Trend: In Europa beteiligen sich aktuell circa 445 Kommunen am Programm. Nach Angaben der Initiative „Zero Waste Europe“ dauere es zwei bis drei Jahre, bis ein entsprechendes Konzept ins Abfall- und Ressourcenmanagement einer Stadt oder Gemeinde integriert sei.

Im Fokus von Zero Waste steht die Vermeidung von Abfällen. Dies soll einerseits gelingen durch einen reduzierten Konsum und achtsameren Umgang mit Gebrauchsgütern – auch nach dem Motto: Wiederverwenden statt Wegwerfen. Andererseits werden Abfälle als Ressource verstanden, die innerhalb der Kreislaufwirtschaft recycelt und weiterverwendet werden können.

Videospiele – insbesondere solche fürs Handy – funktionieren in der Regel über ein simples Belohnungsprinzip. Das ist so effektiv, dass es mitunter süchtig macht. Die unter dem Namen Changers firmierende Blacksquared GmbH aus Berlin bietet Apps, die dieses Prinzip mit spielfremden Aktivitäten in der physischen Welt koppeln. In Fachkreisen wird dies auch als Gamification (dts.: Spielifizierung) bezeichnet. Dadurch sollen entsprechende Aktivitäten quasi über den persönlichen Spieltrieb optimiert werden. Eine der Applikationen von Changers ist konkret auf klimafreundliches Verhalten ausgelegt und wendet sich direkt an Kommunen.

Klima-Taler und City App

Klima-Taler nennt sich der spielerische Umgang mit dem wohl ernstesten Thema unserer Zeit. Diese Taler sind dabei zugleich die Währung, die Anwendende als Belohnung für klimafreundliches Verhalten bekommen. Grundlage für das Talersystem ist die City App, die sich an drei verschiedene Zielgruppen wendet, welche sie jeweils unterschiedlich nutzen und von dem Belohnungssystem profitieren.

Zunächst sind da die Kommunen. Changers arbeitet eng mit Verwaltungen, Ver- und Entsorgern sowie den Verkehrsbetrieben zusammen, um den kommunalen Klimaschutz mit der Förderung der kommunalen Wirtschaft zu verbinden. Die Kommunen können die City App für sich sozusagen kommunalisieren. Dadurch wird aus dieser eine ortsspezifische Applikation entsprechend den lokalen Anforderungen. Beispiele hierfür sind etwa die lokalen Apps „Münster bewegt“, „Aachen move“ oder „Darmstadt im Herzen“.

Die zweite Gruppe bilden die sogenannten Klima-Partner. Dabei handelt es sich um Dienstleister wie Händlerinnen und Händler, Gastronomie, Kulturbetriebe sowie kommunale Unternehmen. Diese können in den City Apps kostenfrei auf sich aufmerksam machen und ihre Angebote vermarkten. Im Gegenzug bieten sie Vergünstigungen in Form von Gutscheinen, die gegen Klima-Taler eingelöst werden können.

Gutscheine und Bäume

Zu guter Letzt bleiben die Userinnen und User der App, die mit klimafreundlichem Verhalten Punkte sammeln. Für alle 5 kg an eingespartem CO2 erhalten diese 1 Klima-Taler. Der Rechnung der App zufolge entspricht das einer 30 km langen Autofahrt. Wer also diese Distanz zu Fuß, mit dem Rad oder dem ÖPNV zurücklegt, verdient sich damit 1 Taler. Die App ermittelt dabei über das GPS-Signal des Handys, um welche Art der Fortbewegung es sich handelt. Darüber hinaus können Klima-Taler über „Challenges“ (z. B. zum Wassersparen oder Recycling) erarbeitet werden. Mit den Talern können die Nutzerinnen und Nutzer entweder Gutscheine von Klima-Partnern erwerben oder an Verlosungen des Partner-Netzwerks teilnehmen. Alternativ dazu haben sie die Möglichkeit, für je 100 Taler über einen „Baumpflanz-Partner“ einen Baum pflanzen zu lassen.

Große Effekte durch einfaches Spiel

Wie groß die Effekte dieses einfachen Spiels sein können, bewies jüngst die Stadt Bielefeld. Diese hatte über eine Laufzeit von zwei Jahren mithilfe der App – in diesem Fall kommunalisiert als „BIE a Hero!“ – fast 54.000 Bäume gepflanzt und 50.000 Quadratmeter Blühflächen ausgesät. „Baumpflanz-Partner“ war in diesem Fall das Forstamt Bielefeld.

„Nur gute Angebote allein reichen nicht, es braucht auch Push-Maßnahmen.“ Mit diesen Worten eröffnete Anne Klein-Hitpaß vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) ihren Vortrag am 23. März zur Frage: Wie geht CO2-arm pendeln? Im Rahmen der Online-Veranstaltungsreihe „Green Cities 2035“ der Heinrich-Böll-Stiftung in Kooperation mit dem Difu zeigte die Wissenschaftlerin Maßnahmen für klimafreundlichere Arbeitswege auf. Seit Juli 2021 leitet Anne Klein-Hitpaß den Forschungsbereich „Mobilität“. Ihr Forschungsschwer­punkt liegt auf der urbanen Verkehrswende.

Verkehrswende: Autos sind immer noch im Vorteil

Die Verkehrswende komme teilweise voran, aber teilweise auch nicht, so die Wissenschaftlerin. Großer Knackpunkt: der Pendlerverkehr. Jeder fünfte Weg in Deutschland sei ein Arbeitsweg und durchschnittlich 16 Kilometer weit. 22,4 % der klimarelevanten Emissionen des Personenverkehrs entfielen auf das Pendeln, rund 2/3 der Menschen nutzten dafür das eigene Auto und da bevorzugt allein.

Warum das so ist, wusste die Wissenschaftlerin auch: In den vergangenen Jahrzehnten wurden immer mehr Straßen und Autobahnen gebaut, mit denen längere Distanzen schneller und bequemer bewältigt werden könnten. Dagegen seien die Alternativen zum Auto nicht gut genug ausgebaut. Privilegien, wie das Dienstwagenprivileg oder staatliche Subventionen für Pendlerinnen und Pendler mit Auto, würden vonseiten der Politik nicht mit der nötigen Entschlossenheit abgebaut.

„Die Klimakrise erfordert zügiges Handeln und davon sind wir im Moment noch sehr weit entfernt", konstatierte Anne Klein-Hitpaß. Der Weg zur Erreichung der Klimaziele sei insbesondere im Verkehrssektor noch lang. CO2-arm pendeln heiße vor allem, weniger oder gar nicht mit dem Auto zu fahren. Um das zu erreichen, braucht es nach Einschätzung der Wissenschaftlerin eine integrierte Verkehrslösung, bestehend aus: Vermeiden, Verlagern und Verbessern.

Integrierte Verkehrslösung: Vermeiden, Verlagern, Verbessern

Vermeiden setzt beim Homeoffice an. Würden 40 % der Erwerbstätigen für zwei Tage die Woche von zu Hause aus arbeiten, könnten 5,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente eingespart werden, so Klein-Hitpaß. Das entspräche 18 % der Emissionen des Berufspendelns. Gleichzeitig verwies sie aber auch auf sogenannte Rebound-Effekte. So ließe sich beobachten, dass eingesparte Arbeitswege oftmals in der Freizeit kompensiert würden. Co-Working-Spaces im Speckgürtel der Stadt könnten da eine Lösung sein, um Arbeitswege und -routinen zu gewährleisten, ohne einen langen und CO2-intensiven Weg bis in die Innenstadt zu fahren.

Verlagern heißt: weg vom motorisierten Individualverkehr hin zu mehr ÖPNV und Fahrrad. Insbesondere das Pedelec böte dabei auf Distanzen von 10 bis 25 Kilometern eine echte Alternative für etwas sportlichere Menschen und das größte Einsparpotenzial. Beim Ausbau des ÖPNV seien Städte mit ihrem Angebot oftmals bereits am Limit. Hier schlug die Wissenschaftlerin vor, sich mehr auf die Etablierung von Express-Bussen zu konzentrieren ­– natürlich vollelektrisch. Umsteigeoptionen und Taktung müssten stärker an den Alltagsrealitäten der Menschen ausgerichtet werden, um Pendlerdistanzen zu verkürzen. Auch pendlerfreundliche Tarifstrukturen, Ridepooling und Sharingangebote könnten den ÖPNV attraktiver machen.

Verbessern meint letztlich die weniger umweltschädliche bzw. klimaneutrale Fortbewegung mit alternativen Antrieben oder Sharingangeboten.

Allianzen für ein gemeinsames Mobilitätsmanagement

„Szenarien zeigen: Es sind nicht Einzelmaßnahmen, sondern es muss ein ganzes Bündel von Maßnahmen sein“, beschrieb Klein-Hitpaß den Weg hin zur erfolgreichen Verkehrswende. Auf diesem müssten alle Akteurinnen und Akteure gemeinsam gehen. Nach Einschätzung der Wissenschaftlerin läge dabei der Fokus auf dem Ausbau von Radinfrastruktur: mehr Radschnellwege, Fahrradstraßen und Radfahrwege auch außerorts. Hier würde sich eine Zusammenarbeit von benachbarten Kommunen anbieten, um Synergien zu bündeln.

Mit Jobrad-Leasing, sicheren Abstellmöglichkeiten für Pedelecs und Jobticket könnten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Mobilität ihrer Mitarbeitenden beeinflussen. Auch Allianzen zur Förderung von CO2-armem Pendeln von Unternehmen und Kommunen seien möglich: Ein gemeinsames Mobilitätsmanagement wäre beispielsweise eine geeignete Maßnahme, um auf die Verkehrsmittelwahl einzuwirken. Kapazitäten, die durch den vermehrten Umstieg auf z. B. Pedelecs frei würden, könnten so auch den ÖPNV entlasten.

Abschließend erinnerte Klein-Hitpaß an die psychologische Dimension dieser Aufgabe: Menschen hätten relativ starre Strukturen, befand sie. Neben guten Angeboten müssten daher vor allem Anreize für ein alternatives, klimafreundliches Verhalten geschaffen werden. „Wir müssen die Menschen etwas mehr aus dem Auto schubsen“, so die Wissenschaftlerin. Hier müsse auch der Bund seinen Teil beitragen, damit Kommunen entsprechende Maßnahmen vor Ort einfacher, schneller und mit den notwendigen finanziellen und personellen Mitteln umsetzen könnten.

Das Klima verändert sich und mit ihm auch die Lebensbedingungen der Menschen. Vor allem das Thema Wasser und Wasserversorgung beschäftigt Städte und Gemeinden. In den vergangenen Jahren haben wir alle Erfahrungen gemacht: mit Hitze und Trockenheit auf der einen und Starkregen auf der anderen Seite. Erinnert sei hier beispielsweise an die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal, die im vergangenen Jahr Menschenleben gekostet hat. „Das Thema ist ein ernstes“, leitete Moderatorin Angela Elis den Kongresstag ein. „So selbstverständlich, wie das Wasser heute aus der Leitung kommt, wird es in Zukunft vermutlich nicht sein.“

Wasserversorgung: Alle Kräfte mobilisieren

Beim 6. WasserDialog, der in diesem Jahr in Leipzig stattfand, ging es um die Fragen: Wie können wir mit diesem ernsten Thema umgehen? Was sind Lösungen, um die Wasserversorgung auch in Zukunft sicherzustellen? Das Forum bot viel Raum für den Austausch von Ideen und Expertise zwischen Akteurinnen und Akteuren aus Kommunen, Verbänden, kommunalen Unternehmen und Fachexpertinnen und -experten der Wasserwirtschaft. Dass das Thema in dieser Breite diskutiert werden muss, machte Wolfram Günther, sächsischer Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft in der ersten Keynote klar: „Es ist keine rein wasserwirtschaftliche Aufgabe mehr.“ Alle Kräfte müssten mobilisiert werden.

Die Herausforderungen seien vielfältig, betonte Wolfram Günther. Zum einen verändere sich das Dargebot von Wasser durch den Klimawandel. Zum anderen gäbe es auch eine Veränderung der Bevölkerungszahl in unterschiedlichen Regionen. Hier müssten etablierte Strukturen neu gedacht und angepasst werden. Im Rahmen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie hat sich der Freistaat Sachsen einige Ziele gesteckt. Eines der wichtigsten: die Renaturierung von Gewässern. Denn ein guter ökologischer Zustand von Flüssen und Seen sei die Antwort auf viele Fragen unserer Zeit, so der Staatsminister mit Blick auf Themen wie Schwammstadt, Schaffung von CO2-Senken und Sicherung der Wasserversorgung. Aktuell seien aber nur 6 bis 7 % der Oberflächengewässer in Sachsen in einem guten Zustand. Es gibt also einiges zu tun.

Starkregen begegnen mit Gefahrenkarte

Bei der Frage, wo wir bei der Bewältigung der großen Zukunftsaufgaben aktuell stehen, bekannte Günther: „Wir sind noch in der strategischen Diskussion.“ Dies kam einigen Teilnehmenden der Veranstaltung zu langsam vor. Vor allem angesichts der Tatsache, dass wir uns derzeit im sechsten Massensterben innerhalb der Erdentwicklung befinden, wie Wissenschaftsjournalist Thomas Ranft in der nächsten Keynote eindrücklich verdeutlichte. Doch: „Große Veränderungen brauchen Zeit“, betonte Ranft, Experte für Klimawandel, Wetter und Nachhaltigkeit. Und ergänzte noch: „Alles, was wir tun, macht es besser.“

In der anschließenden Podiumsdiskussion ging es um den Erfahrungsaustausch und Möglichkeiten für Kommunen, sich beim Thema Wasser fit zu machen und Wasserversorgung zu sichern. Vor allem Überschwemmungen und starke Regenfälle beschäftigten die Diskutanten. Hubertus Milke, Bauingenieur, Professor und Rektor der HTWK Leipzig und Experte für Wasserwirtschaft, wies hier darauf hin, dass jedes neue Bauvorhaben vor dem Hintergrund von Starkregen gedacht werden müsse. Um das Risiko für einzelne Gebiete besser abzuschätzen, könnten Kommunen auf Starkregen- und Hochwassergefahrenkarten zurückgreifen.

Vielfältige Impulse für Kommunen

Nach der Mittagspause konnten die Teilnehmenden tiefer in eines von drei Themen eintauchen: „Klimawandel, Energiekrise, Investitionsstau – wie lässt sich kommunale Handlungsfähigkeit sichern?“, „Ökologische Herausforderungen – ist unsere Wasser-Infrastruktur noch zeitgemäß?“ und „Klima-Positivität in der Wasserwirtschaft – eine Utopie?“ Mit Impulsvorträgen und Diskussionsrunden wurden wichtige Fragen angesprochen und Lösungen entwickelt. Getragen wurden die Dialogforen von spannenden Speakerinnen und Speakern, u. a. vom Deutschen Städte- und Gemeindebund, dem Netzwerk Junge Bürgermeister*innen und vom Potsdam Institute for Climate Impact Research.

Zum Abschluss der Veranstaltung gab es noch einen Impuls der besonderen Art. Micha Fritz, Mitbegründer von Viva con Agua, Social Entrepreneur und kreativer Aktivist, verdeutlichte den Teilnehmenden, wie man die Welt positiv beeinflussen kann: mit Wasser, Kunst und Klopapier.

Sie bedecken weltweit nur drei Prozent der Landflächen, speichern aber doppelt so viel CO2 wie alle Wälder der Erde zusammen: Moore. Sie stellen wichtige Ökosysteme dar, die maßgeblich zur Biodiversität unseres Planeten beitragen. Diesen bedeutsamen Feuchtgebieten haben nun die Heinrich-Böll-Stiftung, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Michael Succow Stiftung den Mooratlas 2023 gewidmet.

Neben einem „Loblied“ auf die Moore ist dieses Werk auch eine Warnung an alle und ein Appell an die Politik. Denn ihre fortschreitende Zerstörung wird katastrophale Folgen auf das Leben und das Klima haben, wenn hier nicht entschieden entgegengewirkt wird.

Die Trockenlegung der Moore verursacht in Deutschland aktuell mehr als sieben Prozent aller CO2-Emissionen. Von den 500 Millionen Hektar globaler Moorfläche sind bereits mehr als zehn Prozent entwässert. In Mitteleuropa sind es gar 90 Prozent, während zugleich auch die Entwässerung in anderen Weltregionen zu einem erheblichen Teil auf die Nachfrage in Europa zurückgeht. Durch Land- und Forstwirtschaft und den Hunger nach Rohstoffen, wie Holz, Zellstoff oder Palmöl, werden weltweit jedes Jahr zusätzlich 500.000 Hektar zerstört. Damit schwinden die darin enthaltenen Torfschichten zehnmal schneller, als sie in gesunden Mooren wachsen.

Mooratlas: Intakte Moore schützen

Intakte Moore sind als Kohlenstoffsenken im Kampf gegen den Klimawandel unerlässlich. Daher sehen die Autorinnen und Autoren des Mooratlas 2023 angesichts der prekären Lage der Feuchtgebiete dringenden Handlungsbedarf. So bedürfe es einer globalen Wiedervernässung von zwei Millionen Hektar Moorland pro Jahr – 500.000 davon allein in der EU und 50.000 in Deutschland. Darüber hinaus gelte es, intakte Moore zu schützen. Der Atlas nennt als effektive und überprüfbare Maßnahmen hierzu etwa eine Reduzierung des Verbrauchs von Rohstoffen aus entwässerten Moorregenwäldern und eine Lieferkettenverfolgung mit zertifiziertem Moorschutz. Eine weitere Schutzmaßnahme bestünde in rechtsverbindlichen internationalen Abkommen zum Schutz und zur Wiederherstellung von Mooren.

Nationale Moorschutzstrategie

Als wichtiger erster Schritt für die Rettung der Moore werden im Atlas die Nationale Moorschutzstrategie und das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) der Bundesregierung positiv hervorgehoben. Die Reduzierung der jährlichen CO2-Emissionen aus Moorböden um lediglich fünf Millionen Tonnen greife jedoch in Anbetracht der 53 Millionen Tonnen an Treibhausgasen, die in Deutschland durch die Entwässerung der Moore entstehen, entschieden zu kurz.

Die Autorinnen und Autoren plädieren daher für konkrete und transparente Rahmenbedingungen zur Anerkennung und Unterstützung innovativer Produkte wie nachhaltiger Biomasse aus Paludikultur, der nassen Bewirtschaftung von Mooren. Als wichtiges Steuerungsinstrument für die Moornutzung nennen sie etwa die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP).

Paludikultur-Flächen sind demnach für die Förderperiode von 2023 bis 2027 grundsätzlich förderfähig. Zugleich sollte stets auch die Bevölkerung in Wiedervernässungsprojekte frühzeitig eingebunden werden. Auf diese Weisen werden z. B. regionale Kooperationsstrukturen für die Verknüpfung von Themen wie Landwirtschaft, Produktentwicklung und -vermarktung sowie Tourismus und Naturschutz geschaffen.

Grüne Parks statt graue Parkplätze, mit Wärmepumpen betriebene Eventhallen und mit Photovoltaik überdachte Fahrradwege. Zur Begrüßung der Teilnehmenden des 12. Kongresses Klimaneutrale Kommune in Freiburg im Breisgau entwarf Moderator Damian Wimmer von der Energieagentur Freiburg das Bild einer lebenswerten und grünen Stadt. Wie diese Vision in die Realität gebracht werden kann, war Thema in zahlreichen Vorträgen, Praxisforen und Diskussionsrunden. Dabei waren sich die Referentinnen und Referenten wie auch Zuhörende einig: Kommunen spielen bei der Umsetzung der Klimawende eine gewichtige Rolle. Die Voraussetzung hierfür brachte die Vorsitzende des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW, Kerstin Andreae, im Vortrag zu Herausforderungen und Chancen der Energiewirtschaft in der Zeitenwende auf den Punkt: „Es braucht eine Gelingenshaltung bis in jede Amtsstube.“

„Klimaschutz muss Pflichtaufgabe werden“

Welche Handlungsspielräume Städte und Gemeinden in der Bewältigung dieser „Menschheitsaufgabe“ haben, skizzierte die Freiburger Bürgermeisterin Christine Buchheit im ersten Vortrag vor großem Plenum. Zum ersten könne eine Kommune etwas in ihrem unmittelbaren Aktionsradius bewirken, beispielsweise durch ein systematisches Energiemanagement. Des Weiteren habe sie Gestaltungsmacht beim Aufbau einer Infrastruktur, die Klimaneutralität ermögliche, und bei der Umsetzung regulatorischer Maßnahmen, wie der Parkraumbewirtschaftung. Als viertes Handlungsfeld nannte Buchheit Informieren und Beratung von Bürgerinnen und Bürgern.

Freiburg selbst geht beim Thema Klimaneutralität mit gutem Beispiel voran: Statt 2045 will die Stadt schon 2035 CO2-neutral sein. „Das ist so gut wie morgen“, so Buchheit zu dem ambitionierten Vorhaben. Bei allen Möglichkeiten verwies sie jedoch auch auf die Tatsache, dass kommunaler Klimaschutz bislang auf Freiwilligkeit beruhe und aufgrund fehlender Ressourcen vielerorts „unter die Räder gerate“. Ihre Forderung lautete deshalb: Klimaschutz müsse kommunale Pflichtaufgabe werden, getragen durch spezielle finanzielle Mittel vom Bund und einem Förderansatz mit festem Budget.

Wie Klimaschutz und explizit die Energiewende und Wärmewende auf kommunaler Ebene nun realisiert werden kann, wurde sehr konkret in den folgenden Praxisforen diskutiert. Hier stellten verschiedene Unternehmen aus der Energiewirtschaft Innovationen, Projekte und Anwendungsfelder vor. Im Anschluss standen sie am runden Tisch Rede und Antwort. Vertreterinnen und Vertreter aus Städten und Gemeinden erhielten viele inspirierende Ideen für eine klimaneutrale Stadtentwicklung. Hierzu gehörten beispielsweise Flächenpooling für den Ausbau von Windenergie, einen mit Solarzellen überdachten Radweg, der gerade als erster seiner Art in Freiburg entsteht, und Strategien für einen Bürgerdialog bei der Steuerung von Freiflächen-Photovoltaik.

Neue Ideen für klimaneutrale Kommunen

Auch nachhaltige Mobilität war Thema während der zweitägigen Veranstaltungen. Hier wurde z. B. der Frage nachgegangen: Wie bringt man Sharingangebote aufs Land? Oder: Wem soll der öffentliche Raum zur Verfügung gestellt werden? Stichwort: Parkraummanagement. Das spült nicht nur Geld in die Stadtkasse. Angesichts größer werdender und emissionsintensiver PKWs kann dies auch ein kommunales Klimaschutzinstrument sein, erläuterte die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg. 

Über die Fördermöglichkeiten für nachhaltige Mobilität klärte schließlich das Regierungspräsidium Freiburg auf. Kommunen wurde hier auf unterhaltsame Weise Mut gemacht, Förderungen in Anspruch zu nehmen.

Klimaanpassung und soziale Gerechtigkeit

In der Abschlussrunde richtete Miriam Dross vom Umweltbundesamt den Blick noch einmal auf das Thema Klimaanpassung. Insbesondere warnte sie vor Hitze als größtem Risiko im Zuge des Klimawandels. So habe es einen signifikanten Anstieg hitzebedingter Sterbefälle in den vergangenen Jahren gegeben, wie die Referentin zu berichten wusste. Um dem beizukommen, müssten Kommunen vor allem an drei Stellschrauben drehen: Mobilität, grüne und blaue Infrastruktur sowie Wohnen. Hier sei vor allem auch der Aspekt der sozialen Gerechtigkeit zu berücksichtigen. Einer UBA-Studie zufolge erreichten z. B. 1 Drittel aller Kinder nicht innerhalb von zehn Minuten eine öffentliche Grünfläche, so Dross. Da bestehe noch Verbesserungsbedarf auf Seiten der Städte und Gemeinden.

Verbesserungsbedarf gibt es auch auf Bundesebene, was die bereits beschriebene Forderung nach Klimaschutz als kommunale Pflichtaufgabe angeht. Die griff Daniel Philipp vom Bundesverband Klimaschutz in seinem Vortrag nochmals auf und präsentierte Zahlen, die nachdenklich stimmten: Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes 2021 hätten circa 10.000 von 11.270 Kommunen kein Klimaschutzmanagement. „Hier kommt das Modell von Freiwilligkeit und Förderung beim kommunalen Klimaschutz an seine Grenzen“, so Philipp. 

Zwar verbiete der Föderalismus dem Bund die Aufgabenzuweisung an die Kommunen, doch könne man z. B. über eine vergleichsweise kleine Änderung den Klimaschutz im Grundgesetz verankern. Ein Vorstoß hierzu käme von der Klima-Allianz, berichtete der Klimaschutzmanager. Der habe jedoch – zumindest kurzfristig – wenig Aussicht auf Erfolg. Grund für Pessimismus sieht Philipps aber nicht: „Wir schaffen das, wenn wir mit allen Kräften zusammenarbeiten.“

Mehr alternative Antriebe auf Deutschlands Straßen: Laut dem Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung soll ein Drittel der Fahrleistung im schweren Straßengüterverkehr bis 2030 elektrisch oder auf Basis strombasierter Kraftstoffe erfolgen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde die „Richtlinie über die Förderung von leichten und schweren Nutzfahrzeugen mit klimaschonenden, alternativen Antrieben und dazugehöriger Tank- und Ladeinfrastruktur“ (KsNI) erlassen.

Die Förderrichtlinie wurde Mitte 2021 erstmalig von der Europäischen Kommission genehmigt und galt bislang mit einer Laufzeit bis Ende 2024. Nun wurde das Förderprogramm um zwei weitere Jahre verlängert.

Fördergelder für Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur

Die finanziellen Mittel werden im Rahmen des Programms durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) zur Verfügung gestellt. Gefördert wird die Anschaffung von Nutz-, Sonder- und umgerüsteten Dieselfahrzeugen mit alternativen Antrieben wie Batterie und Brennstoffzelle sowie Plug-In-Hybride und hybride Oberleitungsantriebe. Die Fördermittel für alternative Antriebe liegen bis 2025 bei etwa 1,3 Milliarden Euro. Insgesamt werden 80 Prozent der Investitionsmehrausgaben bei der Fahrzeuganschaffung gefördert.

Zum anderen bezuschusst das BMDV 80 Prozent der zuwendungsfähigen projektbezogenen Gesamtausgaben für die Beschaffung betriebsnotwendiger Tank- und Ladeinfrastruktur mit 6,3 Milliarden Euro. Ebenfalls förderfähig ist die Erstellung von Machbarkeitsstudien. Die Bezuschussung für diese liegt bei 50 Prozent.

Planungssicherheit für alternative Antriebe

Förderfähig sind sowohl Privatunternehmen als auch kommunale Unternehmen, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts sowie eingetragene Vereine. Gleichsam können Leasing- und Mietgeber eine Förderung in Anspruch nehmen. Durch die Verlängerung bis 2026 erhalten potenzielle Nutzer der Förderung wie auch Hersteller im Fahrzeug- oder Tank- bzw. Ladeinfrastruktur-Sektor Planungssicherheit für die kommenden Jahre.

Neben der Verlängerung wird zugleich der Höchstbetrag pro Antragsteller, Fördergegenstand und Kalenderjahr von zuvor 15 Millionen Euro auf 25 Millionen Euro aufgestockt. Das Gesamtbudget von 1,3 bzw. 6,3 Milliarden Euro bleibt jedoch gleich.

Fünfmal mehr Anträge für Förderung

Seit ihrem Start im August 2021 wird die Förderung immer häufiger in Anspruch genommen. So betrug das Antragsvolumen beim ersten Förderaufruf noch ca. 300 Millionen Euro. Beim zweiten Förderaufruf gingen bereits Anträge mit dem fünffachen Volumen beim BMDV ein.

Da Kunststoffverpackungen und -abfallbeutel sowie andere Kunststoffprodukte sich nur sehr langsam zersetzen, stellen sie eine große Belastung für die Umwelt dar. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher setzen daher in ihrem Wunsch, umweltbewusst zu handeln, auf kompostierbare Produkte aus Bioplastik. Dass diese jedoch offenbar nicht unbedingt das halten, was sie versprechen, hat nun ein Experiment der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ergeben.

Die ernüchternde Bilanz: Kein einziges Produkt konnte bei der Kompostierung wirklich vollständig zersetzt werden. Die DUH fordert daher ein Verbot für die Bewerbung angeblicher Kompostierbarkeit und hat eine entsprechende Protestmail-Aktion gestartet, die sich an Bundesumweltministerin Steffi Lemke richtet.

Produkte aus Bioplastik nicht kompostierbar

Das Experiment wurde in einer Kompostierungsanlage im Rhein-Sieg-Kreis unter Anwesenheit verschiedener Pressevertreterinnen und -vertreter durchgeführt. Getestet wurden verschiedene, handelsübliche Verpackungen aus Bioplastik, indem sie für drei Wochen in die industrielle Rotte gegeben wurden. Darunter waren Riegelverpackungen, Wegwerfteller, To-go-Becher und Kaffeekapseln sowie Bioplastikprodukte wie Abfallsammelbeutel, Schuhe und Einwegrasierer.

Alle getesteten Verpackungen und Produkte verfügten über Aufdrucke wie „kompostierbar“ oder „biologisch abbaubar“. Doch keines der Testobjekte konnte dieser Deklaration wirklich gerecht werden. Ein Großteil überstand die Behandlung in der Anlage praktisch unverändert. Der Rest zerfiel lediglich in Stücke, die allerdings zu einer Beeinträchtigung der Kompostqualität führen könnten.

Kompostierbares Plastik ist Werbelüge

Die DUH wertet dieses Ergebnis als eindeutigen Beweis dafür, dass es sich bei der deklarierten Kompostierbarkeit um eine Werbelüge handelt. Sie weist auf die fatalen Folgen hin, die solche Falschbehauptungen haben könnten. „Statt umweltbewussten Konsum zu ermöglichen, führen Werbeaussagen zur Kompostierbarkeit von Bioplastikprodukten zu falschen Annahmen über deren Umweltverträglichkeit und Entsorgung“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz.

DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer sieht folgende möglichen Gefahren: eine Belastung landwirtschaftlicher Flächen durch Plastikpartikel, eine beeinträchtigte Bioabfall-Kompostierung sowie eine Vermüllung der Umwelt. Hinzu käme ein geringerer Anreiz für die Nutzung nachweislich umweltfreundlicherer Alternativen.

Herstellung von Bioplastik nicht umweltfreundlich

In einer Pressemitteilung zum Experiment weist der gemeinnützige Verein noch auf ein weiteres Problem mit Bioplastik hin: Auch die Herstellung der vermeintlich nachhaltigeren Plastikalternative ist keineswegs umweltfreundlich. So würden zur Produktion häufig unökologisch kultivierte Nutzpflanzen aus Monokulturen eingesetzt. Weniger Abfall fällt am Ende nicht an.

Fast sämtliche Bioplastikprodukte dürfen nicht in der Biotonne entsorgt werden. Dort landen sie jedoch aufgrund der falschen Angaben zu ihrer Kompostierbarkeit häufig. Das falsch entsorgte Bioplastik muss anschließend aus dem Kompost aussortiert werden und wird letztendlich verbrannt.

Im Rahmen der „Grünen Woche“ fand am 25. und 26. Januar unter dem diesjährigen Titel „Land.Kann.Klima“ das Zukunftsforum Ländliche Entwicklung in Berlin statt. An der zweitägigen Veranstaltung nahmen mehr als 3.000 Vertreter und Vertreterinnen aus Kommunal- und Bundespolitik, Wissenschaft, Bildung und Wirtschaft vor Ort oder an den Bildschirmen teil.

Ländliche Regionen: „Die besten Ideen entstehen vor Ort“

Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) eröffnete den Kongress „Land.Kann.Klima“ am 25. Januar mit den Worten: „Der ländliche Raum entscheidet darüber, ob Energie- und Klimawende gelingen.“ Mit dem Regionalbudget und weiteren EU- und Bundesförderprogrammen sollen ländliche Regionen unterstützt werden, um sich bei der Klimaanpassung und der Energiewende resilient und zukunftsfähig aufzustellen. Dabei sei es wichtig, so Özdemir, dem ländlichen Raum in seinen Besonderheiten und Stärken und nicht analog zu städtischen Kommunen zur Seite zu stehen: Vorausschauende Flächenplanung, Hochwasserschutz und Aktivierung der Wälder seien wichtige Themen dieser Zeit. 

Aber die besten Ideen würden vor Ort und durch aktive Bürger und Bürgerinnen entstehen, so der Minister. Innovation und Erfindergeist seien auf dem Land zuhause, quasi als Ideenschmiede für Dorfentwicklung, Moorstrategie oder Forstaufbau. Kommunen sollten perspektivisch von den Erträgen aus erneuerbaren Energien partizipieren können. Auch von Irland könne man bei der Gestaltung von ländlichen Regionen viel lernen, so Özdemir mit Blick zu seiner irischen Kollegin Heather Humphreys, Ministerin für Soziale Sicherheit, Kommunen und ländliche Entwicklung, die als Vertreterin des Partnerlandes vom Zukunftsforum nach Berlin gereist war. 

Kreislaufwirtschaft als zentraler Schlüssel für Klimaschutz

Neben der politischen Eröffnungsveranstaltung, bei der auch Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), sich optimistisch zum regionalen Engagement äußerte, wurden in Zusammenarbeit mit Verbänden und Institutionen im Rahmen der zweitägigen Veranstaltung 32 Fachforen angeboten und rege besucht. Dabei zog sich das Thema Kreislaufwirtschaft neben dem Einsatz erneuerbarer Energien durch alle Vorträge wie ein roter Faden, denn die beiden Schwerpunkte seien ein zentraler Schlüssel für den Klimaschutz, so die Experten auf den Podien. 

Der Zukunftskongress ist das größte und bedeutendste nationale Forum für Fragen ländlicher Entwicklung in Deutschland. Es wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) jährlich im Januar und stets im Rahmen der Internationalen Grünen Woche ausgerichtet. Mit dem Zukunftsforum bietet das BMEL den Akteuren der Ländlichen Entwicklung seit 15 Jahren eine Plattform ihre Ideen, Erfahrungen und Wissen mit anderen zu teilen und zu diskutieren.

Ressourcenschonung sieht anders aus: Kaum ein Wirtschaftszweig verschlingt so viele Ressourcen wie das Bauwesen. Momentan entfallen allein auf die Herstellung von Zement und Beton jährlich mit 236 Mio. Tonnen rund ein Fünftel der in Deutschland eingesetzten Primärrohstoffe, darunter insbesondere mineralische wie Kalkstein, Kies und Sand. Das ist in zweierlei Hinsicht problematisch: Zum einen handelt es sich um wertvolle, endliche Ressourcen, die zunehmend knapper werden. Zum anderen erfordert die Zementherstellung einen immens hohen Energieeinsatz und ist damit global für etwa acht Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Eine neue Studie des Verbands Deutscher Zementwerke (VDZ) eruiert nun Wege, um diesen enormen Ressourceneinsatz bis 2050 drastisch zu reduzieren.

Ressourcenschonung mit rezyklierten Rohstoffen

Die Studie „Ressourcen der Zukunft für Zement und Beton – Potenziale und Handlungsstrategien“ kommt zu dem Ergebnis, dass bis 2050 eine Reduzierung der verwendeten Primärrohstoffe um etwa 96,8 Mio. Tonnen (ca. 41 Prozent) möglich sei. Der Schlüssel hierzu liege in erster Linie in einer extensiven Verwendung rezyklierter Rohstoffe, die durch den Rückbau bestehender Bauwerke wiedergewonnen werden. So lässt sich etwa recycelte Gesteinskörnung zur Herstellung von Recyclingbeton verwenden. Brechsand kann wiederum zur Produktion von Zement und Klinkern genutzt werden.

Nachhaltiges Stoffstrommanagement

Um diese bereits verbauten Sekundärrohstoffe in diesem Umfang wirklich nutzen zu können, seien laut der Studie noch eine Reihe weiterer Maßnahmen erforderlich. So sei etwa ein nachhaltiges Stoffstrommanagement im Sinne eines Urban Mining (der „systematischen Bewirtschaftung des anthropogenen Rohstofflagers“) vonnöten, mit dessen Hilfe Materialien systematisch erfasst und wieder in den Kreislauf gebracht werden könnten. Zugleich bedürfe es eines politischen Instrumentenmix durch die öffentliche Hand, um ein durchgängiges Angebot an Recyclingbaustoffen sowie die Nachfrage nach ressourcenschonendem Bauen zu fördern.

Gesamte Wertschöpfungskette am Bau gefragt

Neben dem technischen und politischen Rahmen müsse das Ziel Ressourcenschonung außerdem entlang der gesamten Wertschöpfungskette Bau und im Schulterschluss der Branche angegangen werden. Demnach komme laut dem VDZ der „Kommunikation zwischen Zement- und Betonherstellern, Planern, Architekten, Bauherren sowie Bau- und Recyclingindustrie eine herausragende Bedeutung zu“.

Mit dem Ende 2019 erlassenen Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) wurde ab 2021 ein nationaler Handel mit Zertifikaten für (Treibhausgas-) Emissionen aus Brennstoffen eingeführt – die CO2-Bepreisung. In erster Linie betrifft diese sogenannte Hauptbrennstoffe, die für die Wärmegewinnung oder den Verkehr eingesetzt werden, wie Diesel, Benzin, Kerosin, Erdgas, Flüssiggas oder Heizöl. Zu diesen sollten laut einem Beschluss der Bundesregierung vom 13. Juli 2022 ab 2023 auch Kohle und für die Verbrennung vorgesehener Abfall gezählt werden. Nach einer Überarbeitung des Entwurfs „eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes“ wurde das Inkrafttreten zumindest für Abfälle vom Bundestag nun noch einmal um ein Jahr verschoben.

Durch die Miteinbeziehung von Kohle und Abfall will die Regierungskoalition das gesamte nationale Emissionsbudget abbilden und klimaschädliche Anreize in diesen Bereichen unterbinden. Im Abfallsektor soll darüber hinaus mit der Regelung die stoffliche Verwertung gegenüber der thermischen bevorteilt und somit die wirtschaftliche Situation der Recyclingwirtschaft verbessert werden.

CO2-Bepreisung: Umstrittene Regelung

Dass Siedlungsabfälle überhaupt als Brennstoff betrachtet werden, für deren Emissionen bezahlt werden soll, ist unter Sachverständigen höchst umstritten. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) u. a. sieht in den daraus folgenden höheren Entsorgungskosten mitunter eine Belastung für Geringverdiener. Da die Abfallgebühren einen besonders großen Anteil an deren verfügbarem Einkommen hätten, würden sie von einer Erhöhung überproportional belastet. Auch könnten Mieterinnen und Mieter im Gegensatz zu Eigenheimbesitzern (die direkten Einfluss auf die Trennung ihres Abfalls haben) den höheren Gebühren kaum ausweichen, da diese nach Quadratmetern über die Nebenkostenabrechnung umgelegt würden.

Zweifel an Lenkungswirkung

Unter den Branchenverbänden bestehen zudem Zweifel an der Lenkungswirkung der Maßnahme für eine Reduzierung der CO2-Emissionen. Der geschäftsführende Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE), Peter Kurth, erklärte bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie Mitte Oktober 2022: „Preise haben keine Auswirkung auf die Menge, die verbrannt wird.“ Vielmehr drohe, dass mehr Müll ins Ausland verbracht und dort (billiger) verbrannt würde.

Preiserwartungen lenken Emissionen

Dr. Felix Matthes, Forschungskoordinator im Bereich Energie- und Klimapolitik beim Öko-Institut, argumentierte dagegen, dass nicht die höheren Preise an sich, sondern die Ankündigungswirkung ausschlaggebend sei. Was Emissionen lenke, seien demnach Preiserwartungen für die Zukunft, nicht aktuelle Preise. Die Wirkung der Ankündigung, dass die Regelung nun 2024 in Kraft treten soll, war indes für die Verbände um VKU und BDE eher eine enttäuschende. Sie hatten sich für einen mindestens zweijährigen Aufschub eingesetzt.

Deutschlands Kommunen sind für den Ernstfall nicht gut aufgestellt. Sollte es in den kommenden Monaten zu einem längeren Stromausfall, einem Blackout, kommen, würde in vielen Städten und Gemeinden nichts mehr gehen. Das ist das Ergebnis einer Recherche des ARD-Politikmagazins „Report Mainz“. Dieses hatte von September bis Anfang Oktober bundesweit über 400 kreisfreie Städte und Landkreise sowie Berliner Bezirke angefragt. Mehr als 200 Städte und Gemeinden beteiligten sich an der Befragung, darunter große Städte wie Mainz, Heilbronn oder Braunschweig und bevölkerungsreiche Landkreise wie Wittenberg, Heinsberg, Harz oder Landshut.

Kommunen haben keinen Plan für Blackout

„Gibt es in der Verwaltung einen Einsatzplan Stromausfall, auf den im Notfall alle Beteiligten unmittelbar zugreifen können?“ Diese Frage beantworteten 101 Kommune mit „Nein“. 78 Kommunen gaben an, keinen Notbrunnen im eigenen Zuständigkeitsbereich zu haben. Der wird notwendig, sollte die Trinkwasserversorgung in Folge eines lang anhaltenden Stromausfalls zusammenbrechen. Denn ohne Strom funktionieren die Pumpen in den Wasserwerken nicht. Auch sogenannte Katastrophen-Leuchttürme als Anlaufstelle für die Bevölkerung, sich im Katastrophenfall zu informieren, aufzuwärmen und Notfälle zu melden, gibt es laut Umfrage in 67 Kommunen nicht.

„Kein Wasser, keine Heizung, kein Strom. Wenn sich das regional um ein, zwei Stunden handelt, ist es nicht schlimm. Aber bei 24 Stunden haben wir schon ein Riesenproblem“, so Gerd Landsberg, Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. Gegenüber dem Magazin „Report Mainz“ sagte er: „Eigentlich müssten die Länder sich auf einen Masterplan für zivilen Katastrophenschutz verständigen.“ Dieser müsse zusammen mit den Kommunen umgesetzt werden. Zudem müsse man sich mehr „um Hilfe von Seiten des Bundes bemühen“, forderte Landsberg weiter.

Katastrophenschutz: Keine einheitliche Regelung

Für den Katastrophenschutz sind in Deutschland eigentlich die Bundesländer zuständig. Die Verantwortung für die Bevölkerung vor Ort haben sie jedoch an die Kommunen übertragen. Wie der Schutz im konkreten Fall dann aussieht, entscheiden oftmals die jeweiligen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Genau das sieht Katastrophenforscher Martin Voss sehr kritisch: Wenn „jedes Dörfchen sein eigenes Süppchen kocht und jeder Bürgermeister seine ortsbezogene Politik macht“, sei es oft dem Zufall überlassen, ob vor Ort eine entsprechende Infrastruktur sei. Er fordert deshalb eine bundesweit einheitliche Regelung für Stromausfälle.

Experteneinschätzung: Blackout nicht wahrscheinlicher als sonst

Wie realistisch ist ein länger anhaltender Stromausfall? Unstrittig ist: In diesem Jahr gibt es einige Risiken, wie unterversorgte Gaskraftwerke und ein erhöhter Strombedarf zum Heizen. Doch diese seien alle vorher absehbar, so Christian Rehtanz, Professor für Energiesysteme und Energiewirtschaft an der Technischen Universität Dortmund. Die Wahrscheinlichkeit für einen Blackout sei „nicht nennenswert höher als sonst“.

Auch eine aktuelle Risikoanalyse der Bundesregierung schätzt die Lage als nicht besonders bedrohlich ein: „Großflächige langanhaltende Stromausfälle – sogenannte Blackouts – hat es in Deutschland bisher nicht gegeben. Diese bleiben auch weiterhin sehr unwahrscheinlich“, ist auf der Seite der Bundesregierung nachzulesen. Zwar könnten kurze Stromausfälle immer wieder auftreten. Diese seien jedoch regional begrenzt und dauerten i. d. R. nur wenige Minuten oder Stunden an.

Das Klimaticket kommt: Der Nachfolger des 9-Euro-Tickets nimmt konkrete Formen an. Auf der Verkehrsministerkonferenz (VMK) Mitte Oktober in Bremerhaven einigten sich die Vertreter der Länder sowie des Bundes auf die Einführung eines 49-Euro-Tickets. Das könnte bereits ab 1. Januar 2023 erhältlich sein. Angesichts dieser Einigung sprach Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der wahrscheinlich „größten Reform für den ÖPNV überhaupt“. „Ich freue mich, dass der Weg frei ist für ein einfaches, deutschlandweit gültiges papierloses Ticket“, so Wissing zum Abschluss der Konferenz.

Länder fordern stabilere Grundfinanzierung

Ganz frei ist der Weg allerdings noch nicht. Denn auch wenn die Länder ihre Beteiligung an den Kosten von insgesamt 3 Milliarden Euro pro Jahr zugesichert haben, stehen in punkto Finanzierung noch einige Fragezeichen im Raum. Der Bund will 1,5 Milliarden Euro beisteuern, allerdings nur unter der Bedingung, dass die Länder mindestens den gleichen Betrag aufbringen. Die Länder hingegen wünschen sich bei der Finanzierung der explodierenden Energiepreise stärkere Unterstützung durch den Bund. Zudem fordern sie eine sofortige und dauerhafte Erhöhung der Regionalisierungsmittel um 1,5 Milliarden Euro, um den ÖPNV insgesamt stabiler aufstellen zu können.

Ohne Erhöhung dieser Grundfinanzierung drohten Angebotskürzungen, warnte der Verband deutscher Verkehrsunternehmen. „Wir laufen Gefahr, dass wir massiv und flächendeckend Angebote einstellen müssen, weil sie wegen Kostensteigerungen nicht mehr finanzierbar sind“, so Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff. Auch Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, verwies auf die prekäre Situation des öffentlichen Nahverkehrs: „Der ÖPNV ist schon lange extrem unterfinanziert.“ Das neue Ticket dürfe wichtige Investitionen in den Nahverkehr nicht ausbremsen, so Dedy gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Klimaticket: Nicht nur der Preis macht ÖPNV attraktiv

Es sind auch diese wichtigen Investitionen, wie Ausbau und Erneuerung von Verkehrswegen und Zugangsanlagen, die den ÖPNV attraktiver machen und damit mehr Leute zum Umstieg motivieren. Politik und Experten gehen zwar davon aus, dass schon der günstige Preis und das bundesweit einheitliche System vor allem bei Pendlerinnen und Pendlern sowie Gelegenheitsfahrerinnen und Gelegenheitsfahrern gut ankommt. Die Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau in Bremen und Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Maike Schaefer, gibt jedoch zu Bedenken: „Ein kostengünstiges deutschlandweit gültiges Ticket hat keinen finanziellen Entlastungseffekt für Menschen oder für die Verkehrswende und damit für das Klima, wenn die Länder künftig mangels Finanzmitteln Strecken schließen und Leistungen abbestellen müssten.“

Inwieweit der Bund nun auf die Forderung der Länder nach einer dauerhaften Erhöhung der Regionalisierungsmittel eingeht, ist noch unklar. An dem Ziel, ein deutschlandweit gültiges und günstiges Ticket so schnell wie möglich einzuführen, halten indes beide Seiten auch weiterhin fest.

Gerade jetzt, in schwierigeren Zeiten innerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge, herrscht unter vielen Teilnehmern und Teilnehmerinnen der Tagung „Fördermittellandschaft im Wandel“ Unsicherheit über abrufbare öffentliche Mittel. Denn „die Fördermittellandschaft unterliegt einem starken Wandel hin zu unternehmerischen Werten und Wettbewerb“, so Katja Müller vom Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e. V. (KOWID) und Gastgeberin der Veranstaltung.

Herausforderungen für Kommunen bei Förderungsbeantragung

Für viele Bereiche der technischen, sozialen, aber auch kulturellen Infrastrukturentwicklung und -instandhaltung sind für eine erfolgreiche Umsetzung Fördermittel unerlässlich. Nicht zuletzt auch zur Sicherstellung der Finanzierung entsprechender Maßnahmen. Doch allein die Frage: „Was wird wie für meine Kommune gefördert und von wem?“ stellt viele Städte und Gemeinden vor eine Herausforderung. Recherchen und Prüfungen sind notwendig, Anpassungen von Projekten und Einhalten von Fristen – die Kommunen stehen vor diversen Hürden, sei es mit Blick auf die Auswahl geeigneter Programme oder die dafür erforderlichen finanziellen, personellen oder zeitlichen Ressourcen. Die Veränderung verschiedener Rahmenbedingungen, politischer Zielstellungen oder auch relevanter Herausforderungen führt zudem dazu, dass sich die Fördermittellandschaft zur Unterstützung von Projekten zahlreicher Couleur auf allen Politikebenen und -bereichen seit einiger Zeit stark verändern.

Projektbasierte Unterstützung – auch im Klimaschutz

Laut Tilmann Schweisfurth, Vorsitzender der Förderkommission II im Freistaat Sachsen, sind 93 % aller Zuwendungen des Landes Sachsen Projektförderungen. Deshalb motiviert er Kommunen, die Erlangung von Fördergeldern projektbasiert zu gestalten. Hier bietet sich derzeit für Städte und Gemeinden ein breites Spektrum an Förderchancen. Im Bereich Klima- und Umweltschutz sind Fördertöpfe vor allem beim Umbau von Gebäuden hinsichtlich Energieeffizienz oder bei Mobilitätslösungen, Strom- und Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien sowie der Umweltbildung und der umweltfreundlichen Ressourcennutzung zu finden. Jedes Bundesland hat jedoch eigene Förderstrategien und Schwerpunkte und oft bieten die Landesregierungen hier digitale Recherchemöglichkeiten, wie Förderdatenbanken. 

Austausch und Netzwerktreffen

Wer in der deutschen Förderlandschaft Orientierung sucht, dem seien vor allem stete Kommunikation und Nachfragen empfohlen. Viele Städte und Gemeinden haben bereits Erfahrungen gesammelt und können zu ihren erfolgten Maßnahmen berichten. Auch Institute und Veranstaltungen wie diese in Leipzig können dazu beitragen, sich besser zurechtzufinden, offene Fragen beantwortet zu bekommen und Ideen anzuregen.

Das Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e. V. (KOWID) fördert mit dieser Art von Weiterbildung einen wichtigen Vernetzungsgedanken. In wissenschaftlichen Studien, Expertisen, Vorträgen und Veröffentlichungen stellt sich das Team um Oliver Rottmann aktuellen Problem- und Fragestellungen, analysiert diese wissenschaftlich und veröffentlicht die Ergebnisse kostenfrei. Ziel ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der öffentlichen Wirtschaft und der öffentlichen Unternehmen.

Beim VKU-Stadtwerkekongress 2022 ging es um die großen Themen unserer Zeit: Energiepolitik, Klimaschutz, Digitalisierung. Mehr als 550 Entscheiderinnen und Entscheider aus kommunalen Unternehmen trafen sich am 20. und 21. September zum diesjährigen Branchenhighlight in Leipzig. Und so war es auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, der gleich zu Anfang in einer Grußbotschaft per Video an die Teilnehmenden appellierte: Entwickeln Sie zusammen Lösungen.“

Versorgungskrise: Stadtwerke fordern Schutzschirm

Auf den Punkt gebracht und bisweilen auch kontrovers wurden dann im Laufe der zwei Kongresstage über die klima- und energiewirtschaftspolitische Agenda diskutiert, Impulse für zukünftige Aktivitäten gesetzt und Netzwerke geknüpft. Thema Nummer eins war dabei die Versorgungskrise, die kommunale Unternehmen vor eine große Herausforderung stellt. Viele Stadtwerke kommen an die Grenze ihrer Liquidität“, so VKU-Präsident und Oberbürgermeister der Stadt Mainz, Michael Ebling im 5-Minuten-Impuls zum Thema. Er forderte von der Bundesregierung eine bundeseinheitliche Unterstützung kommunaler Unternehmen und einen Preisdeckel für Endkunden: Stadtwerke sind genauso relevant wie Uniper.“

Gerade die jüngst dingfest gemachte Verstaatlichung von Uniper sorgte dabei natürlich für Unmut. Das Problem bei der Wurzel packen“, nannte dagegen Dr. Patrick Graichen, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, die Stärkung des Energieriesens durch den Bund. In der Diskussion zum Thema Wie erreichen wir den Klimaschutz unter Wahrung des energiepolitischen Zieldreiecks?“ gab er der Forderung vieler Teilnehmenden nach einem Schutzschirm für Stadtwerke eine Absage: Wir werden nicht in der Lage sein, die gesamte Übersumme an Kosten auszugleichen.“ 

Das einzige, was in der aktuellen Lage helfe, seien mehr Wind und Solar“, so Graichen und erntete damit einen kleinen Shitstorm: Sie haben auf Ebene der Bundesregierung noch nicht verstanden, was hier gerade passiert“, kommentierte der Vorstandsvorsitzende der Dortmunder Stadtwerke AG, Guntram Pehlke den Beitrag. Dabei verwies er auch auf das bislang noch wenig ausgebaute Netz für erneuerbare Energien.

Kommunen als Koordinatoren

Der Ausbau erneuerbarer Energien ist eines der vielen Themen, die auf der Agenda der Kommunen und kommunalen Unternehmen steht. Photovoltaik, Geothermie, Wärmepumpe, auch die Nutzung von Abwärme – all diese Technologien sind dabei im Gespräch. Gleichwohl sind es ganz neue und kleinere Dimensionen, in denen bei der Umsetzung gedacht werden muss. Diese geht auch noch zu langsam und ist mit zu vielen bürokratischen Hürden verbunden, so der Tenor in der Talkrunde Quartiere: Der Schlüssel zur Klimawende?!“.

Unter diesem Gesichtspunkt konnte Vorstandsvorsitzender der GASAG AG, Georg Friedrichs, der aktuellen Lage noch etwas positives abgewinnen: Die Gaskrise macht Druck und den können wir gut gebrauchen“, so Friedrichs in der Diskussion. Und er gab zu Bedenken: Wenn wir überall auf den Masterplan warten, dann schaffen wir es nicht. Wir müssen das, was gerade geht, auch tun.“

Was geht, auch tun, damit erntete er breite Zustimmung bei seinen Diskutanten. Timo Poppe, geschäftsführender Gesellschafter der Palladio Kommunal GmbH: Ich werbe dafür, die Scheuklappen zu öffnen und neue Wege zu beschreiten.“ Konkret meinte er damit eine bessere Verzahnung von Kommune und Privatwirtschaft: Die Wärmewende kann nicht allein aus kommunaler Tasche bezahlt werden.“ Natalie Heinrichs, Geschäftsführerin der Stadtwerke Sehnde GmbH, sieht Kommunen dabei zukünftig in der Rolle der Koordinatoren einzelner Partner und Beteiligter.

Digitalisierung braucht Bereitschaft

Digital kann alles besser werden“, begrüßte Bundesminister für Digitales und Verkehr Volker Wissing die Kongressteilnehmer dann am zweiten Tag des VKU-Stadtwerkekongresses und wies damit auch schon auf das Thema der folgenden Formate. In punkto Digitalisierung hat sich der Bund einiges vorgenommen: eine flächendeckende Versorgung mit Glasfaser, mindestens 15 Millionen E-Pkws auf deutschen Straßen plus entsprechende Ladeinfrastrukur, klimafreundliche Fortbewegung für alle, Teilhabe für jeden, egal ob Stadt oder Land... bis 2030. Bei all dem sollen smarte Strukturen den durchschlagenden Erfolg bringen.

Hauptgeschäftsführer des VKU, Ingbert Liebing fand angesichts dieser langen Liste jedoch: Entscheidungen für Zukunftsinvestitionen müssen vor Ort und nicht vom Bund getroffen werden.“ Beim Thema digitale Daseinsvorsorge wünschte er sich von der Bundesregierung einen klaren wettbewerblichen Rahmen und einen Abbau der Bürokratie. In der Diskussionsrunde zum Thema Unterwegs auf smarten Infrastrukturen“ waren sich dann auch alle einig: Für eine erfolgreiche Digitalisierung braucht es Lust auf Veränderung und Kooperationswille. Das Entscheidende ist, dass sich eine Kommune auf den Weg macht“, so Liebing abschließend.

VKU-Stadtwerkekongress: Mit gutem Beispiel voran

Dass sich der VKU auf den Weg gemacht hat, zeigte der Kongress ganz deutlich: Statt Programm in Papierform konnten sich die Teilnehmenden online über die einzelnen Veranstaltungen informieren und mittels Slido-App interaktiv an den Diskussionen teilnehmen. In Live-Befragungen verrieten die Stadtwerkevertreter, welche Themen sie aktuell beschäftigen und was die Must-haves von Morgen in punkto Mitarbeitermanagement sind. Die Ergebnisse wurden in Echtzeit dem Plenum mitgeteilt. Auch die mehr als 14 unterschiedlichen Formate – von ausgiebigen Talkrunden, Deep Dives für den unternehmenseigenen Fokus über 5-Minuten-Impulse bis hin zu Workshops – verliehen dem Kongress den für die kommenden Transformationsaufgaben nötigen Schwung.

Die Finanzlage von Städten und Gemeinden verschlechtert sich: Nach einem guten Haushaltsjahr 2021 müssen Kommunen für das laufende und nächste Jahr mit einem Finanzierungsdefizit von mehr als 5 Milliarden Euro rechnen. Das sagt eine aktuelle Prognose zur Entwicklung der Kommunalfinanzen bis 2025 des Deutschen Städtetags, des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. „Die Phase zwischen finanziellen Begleiterscheinungen der Corona-Krise und des Ukraine-Krieges war für die Kommunalhaushalte zu kurz, um festen Stand zu gewinnen“, so die Einschätzung der Spitzenverbände. Selbst wenn der Ukraine-Krieg nicht zu weiteren Einbrüchen der Wirtschaftsleistung führe, würden kommunale Haushalte durch Defizite, real sinkende Investitionen und einen Vermögensverzehr gekennzeichnet sein.

Im vergangenen Jahr seien die Kommunalhaushalte formal im Gleichgewicht geblieben, so die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände. Das habe an Stabilisierungsmaßnahmen von Bund und Ländern sowie überraschend hoher Gewerbesteuereinnahmen in strukturstarken Regionen gelegen. Gleichzeitig, so betonen es die Verbände, konnten aufgrund von Kapazitätsengpässen in der Bauwirtschaft dringend benötigte kommunale Investitionen nicht im vollen Umfang getätigt werden. Dies wiederum habe 2021 auch zum leichten Überschuss von rund 3 Milliarden Euro beigetragen. 

Nicht mehr up to date: Kommunen müssen investieren

Allein im Bereich Schulen lag der bundesweite Investitionsrückstau im Jahr 2021 laut KfW-Kommunalpanel bei 45,6 Milliarden Euro. Besonders besorgniserregend ist hierbei die größer werdende Diskrepanz von Kommunen mit einer – bei guter Finanzlage – guten und solcher mit einer schlechten Schulinfrastruktur. Auch in punkto Straßen, Brücken und Verkehr haben Städte und Gemeinden einiges nachzuholen. Auf 39,3 Milliarden Euro beziffert der Kommunalpanel hier den Rückstand. Dritte Baustelle sind öffentliche Verwaltungsgebäude. Um diese auf den Stand der Dinge zu bringen, wären Investitionen in Höhe von 19,6 Milliarden Euro notwendig.

Verkehrswende, energieeffiziente Gebäudesanierung, Digitalisierung, Klimaschutz – all das erfordert umfangreiche Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen. Dass diese nicht angegangenen werden können, liegt zum einen an den andauernden Engpässen in der Bauwirtschaft, aber auch an steigenden Preisen. „Ohne dauerhaft verbesserte Finanzausstattung auch durch einen größeren Anteil am Steueraufkommen können die Kommunen diese Investitionen nicht aus eigener Kraft finanzieren“, ist sich Ralph Spiegler, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nieder-Olm sicher.

Gaskrise wirkt sich auch auf kommunale Finanzen aus

Auch die steigenden Energiepreise belasten Kommunen zunehmend. Lag der Anteil der Ausgaben für Wärme, Strom und Treibstoff vor einem Jahr noch bei 1,5 %, so macht dieser mittlerweile 2 % der Gesamtkosten in Kommunen aus. Laut Kommunalpanel-Befragung wollen Kämmerer die Mehrkosten stemmen, indem andere freiwillige Leistungen eingespart, mehr Schulden aufgenommen und Preise für kommunale Leistungen erhöht werden. Angesichts der anstehenden Zukunftsaufgaben ist das ein alarmierender Trend. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW: „Wir müssen deshalb daran arbeiten, die Kommunalfinanzen auf stabile Säulen zu stellen, damit die Kommunen in Zukunft unabhängiger von der wirtschaftlichen Großwetterlage ihre Aufgaben vollumfänglich leisten können.“

Die von der Bundesregierung geplante Gasumlage ist nun konkret: Ab Oktober 2022 müssen Verbraucherinnen und Verbraucher zusätzliche 2,4 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Als Grund für die Umlage gibt Bundeskanzler Olaf Scholz die wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Energiekonzernen in der aktuellen Gasmangellage an, vor allem die des bundesweit größten Gasimporteurs Uniper. Letzterer hat langfristige Verträge mit Russland, die derzeit von russischer Seite nicht erfüllt werden. In einem Pressestatement betonte Scholz: „Uniper ist ein Unternehmen mit zentraler Bedeutung, viele Stadtwerke und Industriebetriebe sind von der Gasversorgung durch Uniper abhängig.“

Maßnahmenpaket soll Konzerne retten

Zur Unterstützung der angeschlagenen Gasimporteure hat die Bundesregierung nun ein milliardenschweres Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Dies beinhaltet neben einer staatlichen Beteiligung an Uniper von 30 % u. a. auch die Erhebung einer Umlage, welche zunächst bis März 2024 beschränkt ist. Die Höhe der Umlage kann im Verlauf noch weiter angepasst werden. Betroffen von der zusätzlichen Abgabe sind Privathaushalte und Unternehmen, die Gas nutzen. Sie können sich spätestens im Januar auf eine entsprechend hohe Rechnung einstellen. Mit der Absage der EU-Kommission, die Gasumlage von der Mehrwertsteuer zu befreien, kommen hier noch weitere Kosten auf Verbraucherinnen und Verbraucher zu.

Mit einem Fragezeichen versehen ist, ob auch Bezieher von Gas-Fernwärme und Kunden mit Festpreisverträgen die Umlage zahlen müssen. Letztere machen rund ein Drittel aller privaten und gewerblichen Gaskunden aus. Der Grund für diese Unklarheit: Die rechtliche Regelung zur Gasumlage sagt bislang zwar etwas über das Verhältnis von Importeur und Versorger aus, jedoch nichts über das von Versorger und Endkunden.

Gasumlage: Stadtwerke müssen in Vorleistung gehen

Welche Haushalte werden also überhaupt zur Kasse gebeten? Und was ist, wenn Kunden die gestiegenen Energiekosten nicht schultern können? Das fällt insbesondere Stadtwerken auf die Füße, die beim Gaseinkauf erst mal in Vorleistung gehen müssen. „Der Bund sollte die Umlage durch staatliche Zuschüsse verringern, wenn die Preise am Markt noch weiter steigen und damit eine zu große Belastung der Verbraucher und der Wirtschaft droht“, sagte der Präsident des Deutschen Städtetags, Markus Lewe, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (DPA).  Um einkommensschwache Haushalte zu unterstützen, plant die Bundesregierung bereits jetzt ein umfassendes Entlastungspaket. Dieses soll u. a. Steuererleichterungen sowie Maßnahmen beim Bürger- und Wohngeld beinhalten.

Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU), warnte auch vor Zahlungsschwierigkeiten für kommunale Energieversorger und Stadtwerke. Die Frage, wer per Umlage zur Kasse gebeten werde, müsse umgehend geklärt werden, so der Verbandschef. Eine finanzielle Schieflage von Stadtwerken könne sich auch massiv in den Kommunen auswirken: „Die kommunalen Unternehmen sind quasi Stabilitätsanker in der Kommune und für die Menschen vor Ort – wir dürfen nicht riskieren, dass diese Daseinsvorsorge ins Wanken gerät oder strandet.“

Das 9-Euro-Ticket war mit großen Erwartungen verknüpft: Bürgerinnen und Bürger sollten entlastet, das Image von Bus und Bahn gestärkt, Energie gespart und der Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn attraktiver gemacht werden. Nach drei Monaten Sommermärchen im ÖPNV wertet Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) das Ticket als „Riesen-Erfolg“.

Auch erste Studienergebnisse zum Thema sind positiv. Das Zwischenfazit einer Mobilitätsstudie der Technischen Universität München (TUM) lautet: Nach Einführung des vergünstigten Tickets Anfang Juni fuhren 35 % der Teilnehmenden im Großraum München häufiger mit dem ÖPNV, gut 22 % waren ganz neu auf Bus und Bahn umgestiegen. „Viele haben die öffentlichen Verkehrsmittel in ihren Alltag integriert“, so Studienleiter Klaus Bogenberger vom Lehrstuhl für Verkehrstechnik der TUM.

Trotz großer Beliebtheit: 9-Euro-Ticket ersetzt nicht die Autofahrt

Auch das Statistische Bundesamt registrierte einen Anstieg bei der ÖPNV-Nutzung: Eine Auswertung von Mobilfunkdaten ergab, dass es im Juni 2022 rund 42 % mehr Bewegungen im bundesweiten Schienenverkehr gab als im repräsentativen Vergleichszeitraum Juni 2019. Dies führte auf bestimmten Strecken zu überfüllten Bussen und Bahnen. Zum befürchteten Verkehrskollaps kam es indes nicht.

Ein echter Umstieg vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel kann bislang jedoch nicht nachgewiesen werden. Trotz der großen Beliebtheit des vergünstigten Tickets nutzten laut TUM-Studie lediglich 3 % ihr eigenes Auto seltener. Auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen gab zu bedenken, dass es sich bei den angetretenen Fahrten mehr um zusätzliche Reisen und weniger um Ersatzfahrten, die sonst mit dem Auto gemacht worden wären, gehandelt habe.

Wissing: Erstmal kein Nachfolgeticket

Dennoch: „Drei bis vier Prozent mutmaßliche Verkehrsverlagerung, das ist enorm“, so Wissing gegenüber dem ZDF. Mit dem 9-Euro-Ticket habe man viel Bewegung in den ÖPNV gebracht. Auch die verbundübergreifende Geltung des Tickets habe die Menschen begeistert. Einer dauerhaften Vergünstigung erteilte der Bundesverkehrsminister jedoch eine Absage. Diese sei nicht finanzierbar.

Gegenüber der ARD betonte er außerdem die Verantwortung der Länder beim öffentlichen Nahverkehr und dessen Tarifgestaltung: „Ich kann nicht von Bundesseite plötzlich den ÖPNV organisieren, die Preisgestaltung oder die Tickets vorgeben“, so Wissing. Das dreimonatige Ticket sei ein „Einsparvorschlag“ gewesen. Im Herbst werde die Verkehrsministerkonferenz der Länder darüber beraten, wie die Strukturen des ÖPNV neu aufgestellt werden könnten.

Rund 800 Teilnehmende, überwiegend Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister sowie Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus allen Regionen Deutschlands, kamen zum Deutschen Kommunalkongress 2022. Bei dem zweitägigen, wichtigsten Treffen des kommunalen Spitzenverbandes DStGB konnten sie in Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern aus Bundespolitik, Wissenschaft und Wirtschaft treten.

Während Bundesministerin des Innern und für Heimat, Nancy Faeser, sich in ihrer Ansprache von Kolleginnen und Kollegen aus Bund, Ländern und Kommunen eine „gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe“ wünschte, um die kommenden Herausforderungen zu meistern, stellte Bundesfinanzminister Christian Lindner weniger Bürokratie für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Kommunen in Aussicht - im Sinne des Subsidiaritätsprinzips und zum Wohle der Handlungsfähigkeit von Städten und Gemeinden. Bei Investitionshilfen für innovativen Klimaschutz soll nach Lindners Aussagen auch 2023 nicht gespart werden. 

Schwerpunktthemen für Kommunen

Der Präsident des DStGB, Bürgermeister Ralph Spiegler, sprach in seiner Eröffnungsansprache zum übergeordneten Motto des Kongresses und damit wohl über die derzeit größte Zukunftsaufgabe für Kommunen: Den Ausbau von Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Resilienz. Denn der Wandel hin zu einer klimaneutralen Industrienation gelänge nur durch ein großes Engagement der Städte und Gemeinden und eine hohe Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern. Hierbei ginge es nicht nur um den Ausbau regenerativer Energien auf kommunaler Ebene, sondern auch um durchdachten Katastrophenschutz, schnelle Digitalisierung kommunaler Strukturen und Prozesse, innovative Mobilitätskonzepte - und das vor allem für schlecht angebundene ländliche Regionen.

Einen klaren Appell sendeten Spiegler und Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Landsberg an die übergeordnete Politik: „Für die Umsetzung einer realistischen Nachhaltigkeitsstrategie muss von Seiten des Bundes und der Länder mehr Geld zur Verfügung gestellt werden. Denn nur mit finanziellem Spielraum können die auf die individuelle Situation angepassten, nachhaltigen Akzente gesetzt werden.“ 

Fachforen und Symposien beim Kommunalkongress

Neben starken Impulsvorträgen stellten Expertinnen und Experten in Fachforen und Symposien praxisnah gute Beispiele, nachahmenswerte Projekte und Ideen für eine moderne Daseinsvorsorge in Kommunen vor. Unter den Beiträgen trafen vor allem Bau-, Mobilitäts- und Digitalisierungsthemen den Puls der Zeit, u.a. „Innenstädte und Ortskerne – Zukunft vor Ort gestalten“, „Nächster Halt: Lebensqualität – Bahnhöfe bieten Anschluss an ein lebenswertes Land“ und „Emissionsfrei in die Zukunft – Wie Kommunen die Transformation der Mobilität mitgestalten“ oder „Cybersecurity - Sicherheit im digitalen Zeitalter“.

Einig waren sich die Teilnehmenden über die nächsten Schritte innerhalb kommender Transformationsprozesse: Erforderliche Weichen stellen, die Folgen der Krisen so gut wie es geht abfedern und zugleich notwendige Reformmaßnahmen auf dem Weg zur nachhaltigen Gemeinschaft anstoßen. Neben generellen Klimaschutzthemen müssten zunächst die Herausforderungen der Klimaanpassung für Städte und Gemeinden an erster Stelle stehen.

BMUV-Sofortprogramm Klimaanpassung

Kommunale Entscheiderinnen und Entscheider stehen bei der Klimaanpassung als Akteure an vorderster Stelle. Denn Kommunen müssen sich mehr denn je mit Hitzewellen, Wärmerekorden, längeren Trockenzeiten, steigender Waldbrandgefahr, Starkregen, Hochwasserrisiko und Sturmfluten als Folge des Klimawandels auseinandersetzen. Viele Städte und Gemeinden sind bereits dabei, Anpassungen in ihrer Infrastruktur vorzunehmen und ihre Kommunen zu gestalten. Ideen gibt es viele, allein die Möglichkeit einer Finanzierung und Expertise sind oft noch nicht klar. Deshalb wurde bereits im März 2022 das Sofortprogramm Klimaanpassung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) verabschiedet, das sich vordergründig an Kommunen und deren Anpassung an den Klimawandel richtet.

Im Fokus des Maßnahmenpaketes steht im ersten Schritt die Unterstützung von Städten und Gemeinden beim Ausbau von Förderprogrammen und Kompetenzaufbau, durch passgenaue Beratung vor Ort und bessere Ausbildung von lokalen Expertinnen und Experten sowie die Sensibilisierung und Aufklärung von Bürgerinnen und Bürgern. Jede Kommune soll künftig die Klimaanpassung umsetzen können, die zu ihr passt. Städte und Gemeinden können die Aufgaben aber nicht allein stemmen, der Bund muss hier unterstützen. 

Deshalb hat das BMUV gemeinsam mit den Ländern eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Bedarfe für eine solche gemeinsame Finanzierung sowie die finanzverfassungsrechtlichen Möglichkeiten prüfen wird. Sie soll, wie auch das Klimaanpassungsgesetz, im Herbst 2022 im Ergebnis vorliegen. Vielleicht ja schon bis zur „Woche der Klimaanpassung“, die erstmalig vom 12. bis 16. September 2022 mit einem vielseitigen Programm stattfindet und durch das Zentrum KlimaAnpassung und das BMUV organisiert wird.

In der Nacht auf den 12. Juni wurde der Darmstädter IT-Dienstleister Count+Care, eine Tochterfirma der Entega, Opfer von Cyberkriminalität. Ein groß angelegter Hackerangriff legte gut dreieinhalb Wochen die digitale Infrastruktur mehrerer kommunaler Kunden lahm. Darunter IT-Systeme des Energieversorgers Entega, der Frankfurter Entsorgungs- und Service-Gruppe (FES), des Darmstädter Verkehrsunternehmens HEAG und der Mainzer Stadtwerke mitsamt Nahverkehrsunternehmen. Hinter der Angriff steckt nach neuesten Erkenntnissen eine russische Hacker-Bande mit Namen „Black Cat“, wie die Frankfurter Rundschau berichtete. Diese forderte für die Freigabe der Daten offenbar ein Lösegeld in Höhe von 15 Millionen Euro. Den Forderungen kam der Energieversorger nach eigenen Angaben jedoch nicht nach. Die Internetseiten der betroffenen Unternehmen sind mittlerweile wieder erreichbar und die IT-Systeme wieder hergestellt. Die kritische Infrastruktur des Versorgungsunternehmens war nicht betroffen. Lediglich die Mainzer Stadtwerke meldeten noch zwei Wochen nach dem Angriff Einschränkungen im Fahrbetrieb des öffentlichen Nahverkehrs.

Cyberkriminalität: Ransomeware-Angriffe häufen sich

Bei dem Hackerangriff handelte es sich um einen sogenannten Ransomeware-Angriff. Hierbei verschaffen sich die Angreifer Zugang zu Nutzerdaten - dieser Vorgang beginnt meist Wochen oder Monate vor der eigentlichen Attacke - und verschlüsseln diese. Für die Freigabe der Daten wird dann Lösegeld erpresst. Die Forderungen liegen im Schnitt bei 255.000 Euro, wie im jährlichen Bericht des IT-Sicherheitsunternehmens Sophos nachzulesen ist. Digitale Erpressung mittels Ransomware gehört beim Thema Cyberkriminalität laut Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu den fortschrittlichen Angriffen, die sich immer mehr häufen und insbesondere für Unternehmensnetzwerke ein hohes Bedrohungspotential darstellen.

In der Vergangenheit sind bereits unterschiedlichste Organisationen Cyberkriminalität zum Opfer gefallen, darunter Großkonzerne genauso wie Krankenhäuser und Kommunen. Dass so eine Attacke auf die kommunale IT-Infrastruktur eine langwierige Sache werden kann, zeigt das Beispiel Landkreis Anhalt-Bitterfeld: Hier wurden im Juli vergangenen Jahres alle Daten der Kreisverwaltung mit einer Ransomware infiziert und verschlüsselt. Die Verwaltung konnte in der Folge keine Dienstleistungen mehr anbieten. Erst sechs Monate später hob der Landkreis den durch diesen Angriff verursachten Katastrophenfall wieder auf. Den Forderungen nach Lösegeld kam der Landrat indes nicht nach. Hinter der Attacke steckte der Süddeutschen Zeitung zufolge die Hackergruppe „Grief“. „Black Cat“ hat jüngst schon ihr Unwesen in Österreich getrieben: Hier wurden die staatlichen Systeme und Institutionen des Bundeslandes Kärnten im Mai diesen Jahres mit einer Lösegeld-Erpressungssoftware lahmgelegt.

Kommunen brauchen IT-Notfallmanagement

Angesichts der voranschreitenden Digitalisierung und gleichzeitig zunehmender Cyberkriminalität müssen sich Kommunen und kommunale Unternehmen verstärkt mit Cybersicherheit auseinandersetzen. Doch: „Nur eines von drei Unternehmen für kritische Infrastruktur besitzt ein Notfallmanagement“, so Christian Reuter vom Lehrstuhl für Wissenschaft und Technik für Frieden und Sicherheit (PEASEC) an der TU Darmstadt. IT-Schutzmaßnahmen müssen also genauso Standard werden wie Brandschutzübungen. Denn der Hackerangriff auf Entega & Co. zeigt einmal mehr: Die Digitalisierung hat ihre Schattenseiten und auch die Systeme der kommunalen Daseinsvorsorge sind verwundbar.

Ob Abfall, Energie- oder Wasserversorgung: Nur nachhaltige, resiliente Städte und Gemeinden können den steinigen Weg zur Klimaneutralität bis 2045 schaffen. Mit der Energiewende, steigenden Kosten und Forderungen durch Bund und EU stehen Kommunen vor wachsenden Herausforderungen. Hinzu gesellen sich vielerorts Starkregen und Hitzestress als Folgen des Klimawandels.

Dies und mehr waren Themen auf der IFAT 2022. Hier wurde jedoch nicht geklagt, sondern eine Vielzahl von Lösungsansätzen diskutiert. Dazu gehörten innovative Beispiele für moderne Stadtbegrünung, ökologische Bauweisen, alternative Antriebe für Kommunalfahrzeuge oder intelligentes Wasser- und Abfallmanagement. 

Impulsvorträge zur Wasserwirtschaft

Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA), der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW), der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) widmeten zahlreiche Impulsvorträge dem Trendthema „Zukunft Wasser - Zugang und Qualität“. Hier ging es um Wasserwiederverwendung, Knappheit, Schwammstadt, Klärschlammverbrennung sowie Maßnahmen bei Starkregen und Überflutungsvorsorge.

Beim „Tag der Kommune“ erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer exemplarisch einen Einblick in das Wasserkonzept der Stadt Düsseldorf, in der das Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz mit Brumisateuren (Wasservernebler), Spring- und Trinkbrunnen und Wasserspielplätzen im Sommer für Abkühlung der Bürger sorgt. 

Kommunale Abfallwirtschaft auf der IFAT

Erstmals auf der IFAT konnte man am Stand des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) Mitglieder der kommunalen Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit sowie die Wasser- und Abwasserwirtschaft gemeinsam antreffen. Ein Schwerpunkt der Verbandsarbeit: saubere und lebenswerte Städte und Regionen. Das soll vor allem durch den Einsatz von kommunalen Straßenfahrzeugen mit alternativen Antrieben und alternativen Kraftstoffen gelingen.

Diese sind ein zentraler Hebel bei der Reduktion von Treibhausgasemissionen im Verkehr und bei der Erreichung der Klimaziele auf europäischer und nationaler Ebene. Über 38.000 kommunale Ver- und Entsorger nutzten daher auf der IFAT die Gelegenheit, derlei Fahrzeuge vor Ort zu besichtigen, und sich mit Vertreterinnen und Vertreter aus Kommunal- und Privatwirtschaft auszutauschen.

In Brandenburg wird das Grundwasser knapp. „Unsere Landschaft ist knochentrocken. Es ist überhaupt nichts im Lot“, warnte Umweltminister Axel Vogel (Bündnis 90/Die Grünen) auf einer Pressekonferenz im März und kündigte einen Klimaabschlag an, um dem sinkenden Grundwasserspiegel zu begegnen. Hiermit solle die Förderung von Grundwasser zukünftig stärker geregelt und eingeschränkt werden.

Genauere Informationen über den geplanten Abschlag gab das brandenburgische Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) nun auf Anfrage der BVB/Freie Wähler-Fraktion im Landtag bekannt. Wichtigstes Detail: Der Abschlag beziehe sich auf das nutzbare Grundwasserangebot in den einzelnen Gebieten und nicht auf die Wassernutzung zu unterschiedlichen Zwecken, heißt es in der Antwort der Landesregierung zur „Zukünftigen Entwicklung der Grundwassersituation“ vom 23. Mai.

Klimafaktor entscheidet über Höhe von Klimaabschlag

Entscheidende Größen für die Höhe des Abschlags sind dabei zum einen das aktuelle und das verfügbare Grundwasserangebot. Letzteres wird aufgrund von prognostizierten Veränderungen von Niederschlag und Verdunstung im Zeitraum 2031 und 2060 berechnet. Aus diesen Berechnungen ergibt sich schlussendlich für jedes Bilanzgebiet ein Klimafaktor, welcher durchschnittlich bei 0,8 liegt. Für Brandenburg heißt das: Erwartet wird, dass sich die Neubildung von Grundwasser im Land durchschnittlich um circa 20 % verringert. Damit einher geht dann auch ein geringeres natürliches Grundwasserangebot.

Sobald das unter Berücksichtigung des Klimawandelabschlages nutzbare Grundwasserangebot ausgeschöpft sei, könnten weitere Entnahmen nur nach intensiver Prüfung zugelassen werden, heißt es in der Antwort der Landesregierung weiter. Offen bleibt, wie hoch der Klimaabschlag letztlich sein wird und ob er landesweit einheitlich oder nur für einzelne Gebiete eingeführt wird. Dies will die Landesregierung bis zum Jahresende mitteilen.

Industrielle Wasserentnahme sorgt für Unmut

Das abnehmende Angebot an Grundwasser in Brandenburg hat laut MLUK mehrere Gründe: kontaminierte Böden, falsches Düngen in der Landwirtschaft, hohe Temperaturen durch den Klimawandel und hohe Wasserentnahmen durch Braunkohletagebau. Aufgrund der Dürrejahre 2018, 2019 und 2020 fehlten dem Land überdies sieben Monate Regen.

Zuletzt sorgte auch die Auto- und Batteriefabrik des Herstellers Tesla für Unmut und juristische Auseinandersetzungen. Hier hatten die Umweltverbände Grüne Liga und NABU gegen eine höhere Wasserentnahme im Wasserwerk Eggersdorf für die Gigafactory geklagt und zumindest einen Teilerfolg erzielt. Wie Anfang Juni bekannt wurde, plant Tesla nun eine Erweiterung des Geländes in Grünheiden. Dies weckt vor allem bei Kritikern weitere Befürchtungen, was den Wasserverbrauch der Fabrik angeht.

Ein Sommertraum im ÖPNV: Von Juni bis August können Fahrgäste den Nahverkehr und Regionalzüge für nur 9 Euro im Monat nutzen. Deutschlandweit. Mit dieser recht spontanen Aktion will die Bundesregierung ihre Bürger durch den Umstieg auf öffentlichen Verkehr zum Energiesparen bewegen und die Zahl der dauerhaften Nutzer und Nutzerinnen erhöhen. „Wir haben jetzt eine einmalige Aktion, die einen Feldversuch darstellt“, so Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) im Deutschlandfunk.

Zur Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs stellt der Bund den Ländern dabei insgesamt 3,7 Milliarden Euro mehr zur Verfügung. Hiervon sind 2,5 Milliarden Euro vorgesehen, um die Mehrkosten durch das vergünstigte Ticket auszugleichen. Damit seien 100 % der Einnahmeausfälle erstattet, so der Bundesverkehrsminister. Diese Rechnung basiere auf den Einnahmeerwartungen der Länder aus den zu erwartenden Ticketverkäufen. Die konkrete Umsetzung der Maßnahme erfolgt dann durch Länder und Kommunen selbst.

Betreiber haben Bedenken

So weit, so gut? Was die Bürger freut, sorgt für Unmut bei Kommunen und privaten Betreibern des öffentlichen Verkehrs.

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, hält das ermäßigte Ticket grundsätzlich für eine gute Idee, um „im Sinne der Klimaziele mehr Menschen für Bus und Bahn zu gewinnen“. Die Summe von 3,7 Milliarden Euro reiche aber nicht, um das ermäßigte Ticket zu kompensieren. „Die städtischen Verkehrsunternehmen schleppen spürbare Einnahmeverluste durch die Corona-Pandemie im Defizitrucksack“, schildert Dedy das Problem. Hinzu kämen die steigenden Energiepreise, die die Nahverkehrsunternehmen mit jeder Tankfüllung und an jedem Betriebstag belasteten.

Auch Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen Oliver Wolff ist skeptisch. In einer Pressemitteilung sagte er, es sei völlig offen, welche Kosten tatsächlich auf die Branche zukommen würden. Er unterstütze daher die Forderung der Verkehrsministerkonferenz, dass auch etwaige Mehrkosten, die den Verkehrsunternehmen aus dieser Aktion entstünden, durch den Bund ausgeglichen werden müssten. „Schließlich war es auch der Bund, der diese Maßnahme beschlossen hat“, so Wolff.

Bedenken hat auch Martin Becker-Rethmann, CEO des größten privaten Mobilitätsanbieters Transdev Deutschland. Grundsätzlich sei der Impuls, den öffentlichen Nahverkehr zum Thema zu machen und ihn zu fördern, gut, so Becker-Rethmann im Interview mit Klimaschutz Kommune. Für ihn stelle sich aber die Frage: „Ist das 9-Euro-Ticket auch nachhaltig? Und wie kann die womöglich kurzfristig geschaffene Attraktivität und Erkenntnisse daraus für die Zukunft genutzt werden?“

9-Euro-Tickt als „Riesenchance"

Von Bedenken will Bundesverkehrsminister Wissing allerdings nichts wissen: „Wir sollten das als Riesenchance sehen“, sagte er gegenüber dem Deutschlandfunk. Seit Jahren werde darüber diskutiert, dass mehr für den ÖPNV getan werden müsse und nun würde der Bund Milliarden in die Hand nehmen. Marco Trips, Präsident des niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, sähe das Geld an anderer Stelle besser eingesetzt, beispielsweise für eine bessere Vertaktung im ländlichen Raum, wie er gegenüber dem NDR sagte. Insgesamt hält er das 9-Euro-Ticket für einen „ziemlich blödsinnigen Schnellschuss mit Blick auf Wählerstimmen“.

Wissing aber bleibt optimistisch: „Am Ende können wir die Daten analysieren und wissen genau, was wir verbessern müssen, damit Menschen auf den ÖPNV umsteigen.“