Mit Zuversicht wollen Union und SPD die Probleme unserer Zeit nun anpacken. Hierfür haben sie ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro angeregt, welches bereits im März vom Bundestag beschlossen wurde. (wir berichteten) Das Geld soll insbesondere in die Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit Deutschlands investiert werden. Länder und Kommunen erhalten 100 Millionen Euro für die Sanierung und den Ausbau von Infrastruktur. Außerdem wollen die künftigen Regierungspartner die Digitalisierung fördern, soziale Marktwirtschaft stärken, Chancengleichheit erhöhen und Vertrauen in die Problemlösungskompetenz öffentlicher Institutionen zurückgewinnen. Ganz oben auf der Agenda steht außerdem der Abbau von Bürokratie, wie im Koalitionsvertrag 2025 zu lesen ist.
„Vor der Wahl haben wir verlässliche, realistische und bezahlbare politische Rahmenbedingungen gefordert. Aus Sicht der kommunalen Unternehmen ist der nun vorliegende Koalitionsvertrag eine gute Arbeitsgrundlage“, bewertet Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), die Übereinkunft der neuen Regierungsparteien. Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags Helmut Dedy ist optimistisch: „Der Koalitionsvertrag enthält viele gute Impulse, die eine Politik für zukunftsfähige Städte möglich macht.“
Starke Kommunen durch auskömmliche Finanzierung
Union und SPD haben vor allem den Anspruch, Bürokratie in Deutschland abzubauen und Digitalisierung zu fördern. Auf diese Weise wollen die Koalitionspartner Prozesse vereinfachen und beschleunigen. Im 144 Seiten umfassenden Vertrag erkennen sie außerdem an, dass die finanzielle Lage in Kommunen zugespitzt ist. Ausgaben insbesondere für Personal, Bürokratie und den Bereich Soziales sind nicht ausreichend gedeckt, um die vollständige Funktionsfähigkeit der Kommunen zu gewährleisten. Im Mittelpunkt des neuen Regierungsvertrags steht für Städte und Gemeinden deshalb der Zukunftspakt Bund, Länder und Kommunen. Mit diesem soll deren finanzielle Handlungsfähigkeit gestärkt und eine Evaluierung der Aufgaben und Kosten vorgenommen werden.
Gemäß des Prinzips „Wer bestellt, bezahlt“ will die neue Regierung künftig sicherstellen, dass die Umsetzung von Bundesgesetzen, die zu Mehrausgaben auf Seiten der Kommunen führen, entsprechend gegenfinanziert werden. So heißt es im Koalitionsvertrag: „Bei Gesetzen, die Kommunen betreffen, prüfen wir ab sofort die Kommunalverträglichkeit mit Blick auf finanzielle und organisatorische Auswirkungen unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände.“ Die neue Regierung will sich zudem der Altschuldenproblematik annehmen: Mit 250 Millionen Euro pro Jahr, das entspricht etwa 50 Prozent der Kosten, sollen die Länder dabei unterstützt werden, ihre überschuldeten Kommunen zu entlasten. Geberländer im Finanzausgleich erhalten eine Entlastung um jährlich 400 Millionen Euro.
Außerdem soll das Förderwesen effizienter werden – ganz nach dem Motto „so viel wie nötig und so wenig wie möglich“. Kommunale Fördermittel sollen künftig zweckbezogen und pauschal zugewiesen werden. Entscheidungen über Förderzusagen sollen beschleunigt werden. „Wir vereinfachen die Beantragung und Umsetzung, reduzieren die Nachweispflicht und ermöglichen den vorzeitigen Maßnahmenbeginn“, schreiben die Parteien zum Thema kommunale Förderprogrammstruktur im Koalitionsvertrag. Durch „risikoorientierte Stichprobenverfahren“ will die Regierung den Kontrollaufwand verringern und die so frei werdenden Mittel direkt an die Kommunen ausgeben.
Weniger Bürokratie durch mehr Digitalisierung
Wie ein roter Faden zieht sich das Versprechen durch den Vertrag, Bürokratie auf allen Ebenen abzubauen. Insgesamt wollen Union und SPD die Kosten, die Kommunen und Unternehmen für die Umsetzung von Gesetzen und Regeln aufwenden – beispielsweise zur Stellung von Anträgen, Einhaltung von Fristen etc. – um mindestens 10 Milliarden Euro senken. Das soll vor allem durch mehr Digitalisierung gelingen, aber auch durch einfachere Verfahren und weniger Pflichtangaben. Für eine schnelle Digitalisierung bestimmter Aufgaben, die ein hohes Standardisierungs- und Automatisierungspotenzial aufweisen, übernimmt der Bund selbst die Verantwortung. In Abstimmung mit den Ländern soll hierfür Art. 91c des Grundgesetzes, welcher die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Informationstechnik konkretisiert, geändert werden.
Die neue Regierung plant außerdem die Einrichtung eines Ministeriums für Digitalisierung und Staatsmodernisierung für eine umfassende Staatsreform und einem massiven Bürokratieabbau. Eine Maßnahme hierbei ist die Etablierung einer zentralen digitalen Plattform, des sogenannten „One-Stop-Shop“. Bürgerinnen und Bürger erhalten verpflichtend ein Bürgerkonto sowie eine digitale Identität und können dann über den Shop auf Behördendienstleistungen zugreifen. Für einfachere und schnellere Verfahren soll ein automatischer Datenaustausch zwischen Notariat, Finanzamt und Gewerbeamt ermöglicht werden.
VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing begrüßt die „guten Ansätze zur Digitalisierung“ – hierzu zählen auch der Umstieg von Kupfer auf Glasfaserkabel, auskömmliche Mittel für eine zielgerichtete Förderung von Gigabit und einen schnelleren Ausbau von Glasfaser. Gleichzeitig bemängelt er jedoch, dass die Mehrfacherschließung eines Gebiets mit Glasfaser durch mehrere Netzbetreiber vom Bund nicht gestoppt wird.
Technologieoffene Energiewende und pragmatischer Klimaschutz
Positive Signale und richtige Akzente sieht Liebing außerdem beim Thema Energiewende. So will die neue Koalition den Strompreis senken. Wörtlich heißt es da im Vertrag: „Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung geben wir an Verbraucherinnen und Verbraucher und die Wirtschaft zurück: durch eine spürbare Entlastung beim Strompreis und durch die Förderung von Investitionen in die Klimaneutralität.“ Für letzteres sollen jährlich etwa zehn Milliarden Euro aus dem geplanten Sondervermögen in den Klima- und Transformationsfonds fließen. Um eine tragfähige Finanzierung der Energiewende sicherzustellen, will die neue Bundesregierung in einem geplanten Energiewendefonds privates Kapital mobilisieren.
Verunsicherung auf Seiten kommunaler Unternehmen schafft dagegen die Ankündigung, das von der CDU verabschiedete und von der Ampel novellierte Gebäudeenergiegesetz (GEG), auch bekannt als Heizungsgesetz, zu streichen und stattdessen ein neues GEG zu schaffen. Damit die Wärmewende in Kommunen gelinge, brauche es verlässliche Rahmenbedingungen und Klarheit, so Liebig. Dieses Vorhaben dürfe keinesfalls zu Verzögerungen für die Wärmeplanung führen, da diese in größeren Städten bis Mitte 2026 abgeschlossen sein müsse. Ein neues Gebäudeenergiegesetz soll laut Koalitionsvertrag „technologieoffener, flexibler und einfacher“ gestaltet werden. Statt pauschaler Vorgaben zu einer bestimmten Heiztechnik oder eines Effizienzstandards zu machen, soll künftig die CO2-Vermeidung das wichtigste Kriterium für Maßnahmen sein.
Am Ziel der Klimaneutralität bis 2045 hält die neue Regierung fest. Dabei setzt sie laut Koalitionsvertrag stärker auf Wirtschaftlichkeit, soziale Verträglichkeit und Lösungen, die übergreifend zwischen mehreren Sektoren verrechnet werden können.