Dass der Klimawandel spürbare Folgen mit sich bringt, ist unbestritten. Extreme Wetterereignisse häufen sich und längere Dürreperioden in den Sommermonaten sind keine Seltenheit mehr. Noch vor etwas mehr als einem Jahr deuteten Berichte der Bundesregierung darauf hin, dass die von der Ampel-Regierung vorangetriebenen Klimaschutzmaßnahmen Erfolge verzeichnen und die überstaatlichen Ziele, wie etwa die Vereinbarungen innerhalb der Europäischen Union, nicht nur realistisch erreichbar, sondern auch wesentlich schneller erfüllbar seien. Während in der vergangenen Legislaturperiode noch davon die Rede war, die Klimaziele bis 2030 erreichen zu können, haben Klimaschutzmaßnahmen und Gegensteuern zum Klimawandel heute einen deutlich geringeren Stellenwert.
Droht ein Paradigmenwechsel im Klimaschutz?
Laut einer aktuellen Umfrage der Klima-Allianz Deutschland erwartet der Großteil der deutschen Bevölkerung, dass sich die Bundesregierung stärker für Klimaschutzmaßnahmen einsetzt. Die Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, Katherina Reiche, deutete allerdings jüngst an, dass ein Paradigmenwechsel hinsichtlich der Energiewende und fossiler Energien bevorstehen könnte – eine Überprüfung der wirtschaftlichen Rentabilität von Klimaschutzmaßnahmen. Im Raum steht, dass die ursprünglich vereinbarten Klimaziele mit einer CO2-Neutralität bis 2045 gelockert werden sollen, da das Pariser Klimaabkommen das Jahr 2050 als Zieljahr festlegt.
Dabei geraten erneuerbare Energien wie Solar- oder Windkraft aus dem Fokus, während Gaskraftwerke und Gasförderung wieder vermehrt in den Mittelpunkt rücken. Reiche lässt neuen Gaswerken die Option auf Wasserstoff, der als ökologische Alternative gilt, offen und ebnet den Weg für die Rückkehr fossiler Energien. Energieversorgung würde somit einem „Realitätscheck“ unterzogen werden, so Reiche. Das von der Bundesregierung für den Einsatz grünen Wasserstoffs und zur Senkung der CO2-Erzeugung durch industrielle Maßnahmen vorgesehene Budget ist wesentlich geringer angesetzt als bei Vorgängerregierungen. Allerdings halten viele Städte und Kommunen an ihren bisherigen Plänen fest, bis zu den 2030er Jahren Klimaneutralität zu erreichen.
Kommunen treiben Klimaschutz voran
Auch wenn in den Medien gelegentlich ein schwindender Zuspruch für Klimaschutzmaßnahmen suggeriert wird, was von seriösen Studien nicht bestätigt werden kann, sieht es auf kommunaler Ebene anders aus. Laut einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) waren in der jüngeren Vergangenheit 92 Prozent der Befragten von klimatischen Extremereignissen betroffen. Rund 75 Prozent sehen einen hohen Handlungsbedarf bei Klimaschutzmaßnahmen, insbesondere im Bauwesen und in der Wasserversorgung. Den wachsenden Bedürfnissen nach Anpassungs- und Regulierungsmaßnahmen kommen kommunale Entscheider deutlich entgegen: Rund drei Viertel der vom Difu untersuchten Kommunen verfügen über ein Klimaschutzkonzept und viele beschäftigen hauptamtliche Mitarbeiter, um Klimaschutzmaßnahmen in der eigenen Kommune voranzutreiben.
Hinzu kommt, dass 85 Prozent der befragten Kommunen erneuerbare Energien nutzen und 83 Prozent deutliche Einsparungen im Energiebereich vorweisen können. Mehr als die Hälfte der befragten Kommunen kann zudem einen erheblichen Rückgang der Treibhausgasemissionen vorweisen.
Auch wenn aus der Regierung aktuell Signale kommen, die dem Klimaschutz mehr Zeit zugestehen möchten, sind Kommunen und Städte umso mehr eine treibende Kraft in Sachen Klimaanpassung und Resilienz. Um diese wichtigen Aufgaben leisten zu können, bedarf es einer Sicherstellung an Mitteln. Christine Wilcken, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, fordert hierfür einen verlässlichen Fördertopf von Bund und Ländern, der einfach verfügbar ist und über ein planbares Budget verfügt. Kommunen und Städte sollten in Bezug auf Klimaschutzmaßnahmen von Bund und Ländern entlastet werden, denn effektive Schutzmaßnahmen funktionieren nur im Zusammenspiel aller Beteiligten.
Klimaschutz nimmt hohen Stellenwert ein
Bei der Umsetzung von Maßnahmen im kommunalen Klimaschutz gehen viele deutsche Kommunen und Städte mit gutem Beispiel voran. Zu den häufigsten Maßnahmen, die im Rahmen einer vom Deutschen Institut für Urbanistik durchgeführten Studie von kommunalen Repräsentanten genannt werden, gehören die Nutzung erneuerbarer Energien und zusätzliche Energieeinsparungen in kommunalen Liegenschaften. Doch auch darüber hinaus investieren Kommunen viele Ressourcen in klimafreundliche Mobilität, den Ausbau regenerativer Energien, die Sanierung kommunaler Liegenschaften, eine klimafreundliche Straßenbeleuchtung, die Abfallwirtschaft sowie in Beratungs- und Bildungsangebote. Damit wollen sie den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu Klimaschutz und erneuerbaren Energien erleichtern.
Im vergangenen Jahr hat das Umweltbundesamt eine Studie in Auftrag gegeben, in der Kommunen zum aktuellen Stand ihrer Umsetzungsmaßnahmen befragt wurden. Ein großer Teil der befragten Städte und Kommunen gab an, auf einem guten bis sehr guten Weg zu sein, die jeweiligen Konzepte umzusetzen. Hierfür sind Fördermittel erforderlich, die von Ländern, Bund und der Europäischen Union bereitgestellt werden müssen. Denn ohne die Förderung entsprechender Projektideen in Kommunen und Städten ist kein nachhaltiger Klimaschutz möglich.