Green Public Procurement für Kommunen tichas@EnvatoElements
Allgemein 7. August 2025

Green Public Procurement – Klimafreundliche Beschaffung in Kommunen

Im Vergleich zu 1990 hat Deutschland 2023 seine Treibhausgasemissionen um rund 46 Prozent senken können – einen bedeutenden Anteil hieran haben auch öffentliche Ausgaben. Die Wende hin zu einer klimafreundlichen und nachhaltigen Beschaffung hat einen großen Einfluss auf die Klimaziele Deutschlands. Wie kann grüne Beschaffung in Kommunen gelingen?

Mit einem Volumen von rund 500 Milliarden Euro pro Jahr macht das öffentliche Beschaffungswesen etwa 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Die Gelder fließen unter anderem in Bauprojekte, den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und die kommunale Ausstattung. Die öffentliche Hand hat deutschlandweit einen enormen Einfluss auf das Wirtschaftsleben der jeweiligen Kommune. Die Beauftragung nachhaltiger Unternehmen und der Einkauf grüner Produkte hat somit auch einen wesentlichen Einfluss auf den Klimaschutz. Für eine erfolgreiche nachhaltige Beschaffung sind verschiedene Schritte notwendig: Zunächst muss der Förderbedarf identifiziert werden, dann müssen nachhaltige Partner und Unternehmen gesucht werden, die grüne Produkte und Dienstleistungen anbieten. Europäische oder deutsche Gesetze und Vorgaben befürworten grundsätzlich grüne Beschaffungsmaßnahmen. Kommunen sollten deshalb eine strategische Planung ins Auge fassen, um das wirtschaftliche Potenzial der öffentlichen Hand nachhaltig und zukunftsfähig zu nutzen.

Rechtliche Grundlagen für nachhaltige Daseinsvorsorge

Europa, Deutschland und seine Städte und Kommunen möchten klimaneutral werden – wenn auch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Die kommunale Daseinsvorsorge mit Nachhaltigkeit zu verbinden, ist dabei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Grundlage für den Übergang zu einer modernen, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Wirtschaft bildet europaweit der European Green Deal. Dieser sieht vor, dass insbesondere Städte und Gemeinden durch eine nachhaltige Beschaffung eine zentrale Funktion bei der Erreichung von Klimaneutralität haben. In diesem Rahmen wurden bereits Grundlagen einer klimafreundlichen Beschaffung definiert, wie zum Beispiel die Beschaffung energieeffizienter Geräte und Technik, den Bezug von Ökostrom, die Förderung von E-Mobilität und ÖPNV und die Bevorzugung regionaler Produkte. Die jeweiligen Mitgliedstaaten setzen hierbei eigene Prioritäten in ihren Gesetzesvorhaben. 

In Deutschland legt das Bundes-Klimaschutzgesetz §3 nationale Klimaschutzziele fest, dass die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 bis 2045 neutralisiert werden sollen. Einen großen Teil der Umsetzung von Klimaneutralitätsvorhaben müssen dabei Städte und Kommunen stemmen. Mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung klimafreundlicher Leistungen (AVV Klima) wurde 2022 überdies eine eigene Vorschrift geschaffen, die Bundesbehörden dazu anweist, bei der Beschaffung verstärkt auf Klimafreundlichkeit zu achten. Auch die im Jahr 2022 von der damaligen Bundesregierung verabschiedete Start-up-Strategie regt Kommunen und andere öffentliche Träger dazu an, Climate-Tech-Start-ups, die ein besonderes Interesse an Klimaschutz und Gemeinwohl haben, in Bezug auf Vergaberecht und öffentliche Aufträge zu stärken.

Vorteile und Chancen grüner Beschaffung

Wenn sich Kommunen für eine vorrangig grüne Beschaffung aussprechen und diese auch umsetzen, ergeben sich verschiedene, messbare Vorteile. 

Wirtschaftliche Vorteile: 

Trotz höherer Anschaffungskosten rentieren sich nachhaltige Produkte mit einem wesentlich längeren Lebenszyklus gegenüber billigen Produkten, die schneller verschleißen und sich zudem schlechter bis gar nicht reparieren lassen, wesentlich besser. Zudem können durch überlegte Käufe oftmals regionale Anbieter und Produzenten gefördert werden, was der lokalen Wirtschaftskraft zugutekommt. Die durch nachhaltige Beschaffung erzielten Einsparungen können wiederum an anderer Stelle innerhalb der Kommune investiert werden, um den kommunalen Wohlstand langfristig zu fördern.

Vorbildfunktion für andere Städte und Kommunen:

Kommunen, die auf nachhaltige Beschaffung setzen, übernehmen eine Vorbildfunktion für andere Kommunen und öffentliche Einrichtungen. Diese Außenwirkung kann verschiedene positive Effekte mit sich bringen. Bürgerinnen und Bürger lassen sich von ihrer kommunalen Verwaltung inspirieren und übertragen Teile der grünen Beschaffung möglicherweise auf ihr eigenes Konsumverhalten. Auch andere Kommunen oder Partnerstädte – auch auf internationaler Ebene – werden durch nachhaltige Beschaffungsmaßnahmen angeregt, es gleichzutun.

Förderung von Innovation:

Der Fokus auf grüne Beschaffung richtet ebenso ein Augenmerk auf innovative Technologien und Produkte, die den Klimaschutz und die Nachhaltigkeit vorantreiben. Kommunen haben hierbei die Möglichkeit, Start-ups, kleine und mittelständische sowie größere Unternehmen aus der eigenen Region zu fördern und somit die lokale Wirtschaft zu stärken. Die Förderung innovativer Ideen birgt weitere Chancen für die Zukunft: Je stärker Städte und Kommunen auf Innovation setzen, desto mehr Nutzen lässt sich perspektivisch daraus ziehen. Ein weiterer Effekt ist, dass sich einmal etablierte innovative Technologien auch überregional durchsetzen und andere Städte und Kommunen bei Nachhaltigkeitsvorhaben unterstützen können.

Soziale Nachhaltigkeit:

Grüne Beschaffung ist nicht nur langfristig wirtschaftlich vorteilhaft, sondern auch sozial nachhaltig. Zu den sozialen Aspekten nachhaltiger Beschaffung zählen in der Regel ein ethisches Geschäftsverhalten, faire Lieferketten und sichere Arbeitsbedingungen. Auch auf rechtlicher Ebene bietet eine nachhaltige Beschaffung Sicherheit, da sich Städte und Kommunen an die sich schnell ändernden Richtlinien und Vorgaben anpassen, noch bevor diese in Kraft treten. Damit sind Kommunen immer einen Schritt voraus. Eine grüne Beschaffung umfasst so alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit und hat einen positiven Effekt auf Mensch, Umwelt und Wirtschaft. 

Unwissenheit ist größte Hürde für nachhaltige Beschaffung

In Bezug auf eine grüne öffentliche Beschaffung werfen kritische Stimmen oft ein, dass nachhaltige Produkte und Dienstleistungen zunächst wesentlich teurer wären als solche, die nicht auf Nachhaltigkeit setzten. Das ist nur teilweise korrekt: Zwar erscheinen die Ausgaben für grüne Produkte und Dienstleistungen zunächst höher, doch bieten sie über einen längeren Zeitraum betrachtet mehr wirtschaftliche Vorteile als Nachteile. Das gilt auch für nachhaltige Dienstleistungen. Allerdings sparen auch diese mehr ein, als ausgegeben wurde.

Einer der größten Hürden bei der nachhaltigen Beschaffung ist laut einer Studie der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2017 jedoch mangelndes Fachwissen. Die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssten über ein grünes Angebot informiert werden und benötigten entsprechende Weiterbildungen, um Potenziale und Möglichkeiten erkennen und umsetzen zu können. Außerdem sollten vertragliche Angelegenheiten gründlich geprüft werden, da Nachhaltigkeit eine strategische Voraussicht benötigt und sichergestellt werden muss, dass vereinbarte Nachhaltigkeitsaspekte nicht verloren gehen. Da Informationen zu Nachhaltigkeitspraktiken von Lieferantinnen und Lieferanten nur nach und nach publiziert werden, besteht ihnen gegenüber mitunter eine gewisse Skepsis.

Öffentlich-Private Partnerschaft unterstützt Kommunen

Die öffentliche Hand ist künftig dazu aufgefordert, eine nachhaltige Beschaffung zu gewährleisten und diese in den Bereichen der kommunalen Daseinsvorsorge umzusetzen. Unabhängig von ihrer Größe sehen sich Städte und Gemeinden mit der Herausforderung konfrontiert, grüne Beschaffung sinnvoll und nachhaltig in die bereits bestehenden kommunalen Strukturen zu integrieren. Je nach Größe und Vorhaben kann dabei eine öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) hilfreich sein. Unternehmen mit einer starken Nachhaltigkeitsausrichtung können Kommunen mit ihrem breit gefächerten Know-how, Betriebsmitteln und Personal bei der Umsetzung und Erreichung von Klimazielen unterstützen.

Hierzu zählen beispielsweise nachhaltig ausgerichtete Verkehrsunternehmen, die kommunale Verkehrsbetriebe unterstützen, sowie Bauunternehmen, die sich um kommunale Liegenschaften und Immobilien kümmern, diese klimafreundlich sanieren und den Neubau effizienter Gebäude vorantreiben. ÖPP im Bereich Handel sorgen für mehr Transparenz und Nachhaltigkeit in Lieferketten. Auch eine Partnerschaft mit einem Entsorgungsunternehmen, das die Kommune im Hinblick auf Kreislaufwirtschaft strategisch und effektiv unterstützt, kann sinnvoll sein.

Indem Städte und Gemeinden bei der öffentlichen Beschaffung nachhaltigen Produkten und Unternehmen den Vorzug geben, leisten sie einen wichtigen Beitrag zur klimaneutralen Transformation. Die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und der EU befördern dabei den Wandel hin zu einer nachhaltigen Beschaffungsstrategie. In Form einer öffentlich-privaten Partnerschaft können Kommunen zudem Unterstützung erhalten, um Beschaffungsmaßnahmen in unterschiedlichen öffentlichen Bereichen effizient zu gestalten.

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