Klimaanpassung in Düsseldorf: Spaziergang zeigt Hotspots
Liebe Frau Cardeneo, zum Auftakt der bundesweiten Woche der Klimaanpassung haben Sie ein wunderbares Programm für die Bürgerinnen und Bürger zusammengestellt. Wie kam es zu dieser Initiative in Düsseldorf und was möchten Sie allen Interessierten damit zeigen?
Die Klimaanpassung ist für viele Bürgerinnen und Bürger im Alltag oft nicht ohne Weiteres sichtbar. Daher war die Woche der Klimaanpassung eine Gelegenheit, sie an konkreten Orten begreifbar und erlebbar zu machen. Darüber hinaus war es für uns auch eine Gelegenheit, die Maßnahmen der Stadt in punkto Klimaanpassung transparent zu machen und den Bürgerinnen und Bürgern auch Anregungen zum Selbsthandeln und zur Selbstfürsorge mit auf den Weg zu geben. Denn vielleicht hat der ein oder andere die Möglichkeit, einen klimafreundlichen Vorgarten oder ein Gründach mit unseren Fördermitteln anzulegen oder es macht Sinn, eine kostenlose Starkregenberatung in Anspruch zu nehmen.
Außerdem wollten wir mit den Menschen auch ins Gespräch rund um das Thema Klimawandel und Klimaanpassung kommen und von ihren Erwartungen, Wünschen aber auch Sorgen lernen. Daher haben wir das Format „Klimaanpassung to go“ gewählt und jeden Tag Spaziergänge und Führungen angeboten. Hier ging es immer sehr lebendig zu, neben Klimawissen blieb immer genug Raum für den Austausch und die Diskussion.
Drei Schlüsselmaßnahmen resilienter Städte
Wann entstand das Klimaanpassungskonzept für die Landeshauptstadt, wie werden die Maßnahmen finanziert und was sind die wichtigsten Ziele?
Das Klimaanpassungskonzept der Landeshauptstadt Düsseldorf ist 2016/2017 mit Fördermitteln des Bundesumweltministeriums und in Kooperation mit dem Deutschen Wetterdienst erarbeitet worden. Kernziel unseres Konzepts ist es, die Widerstandsfähigkeit der Stadt gegenüber dem Klimawandel, das heißt gegenüber zunehmender Hitze, Starkregen und Trockenheit, zu stärken. Damit wollen wir zum einen die hohe Lebensqualität und Standortattraktivität von Düsseldorf auch in Zeiten des Klimawandels bewahren und wenn möglich noch ausbauen. Und zum anderen möchten wir die Folgen von Extremwetterereignisse minimieren.
Der Klima-Spaziergang gehört zu den organisatorisch-kommunikativen Schlüsselmaßnahmen ihres Klimaanpassungskonzepts. Wohin führte der Rundgang und welche Stationen haben Sie den Bürgerinnen und Bürgern gezeigt?
Der Klima-Spaziergang führte durch die Städtische Wärmeinsel von Düsseldorf, so wie sie unsere Klimaanalyse ausweist. Die Städtische Wärmeinsel ist ein typisches Merkmal des Stadtklimas und damit auch des Klimas von Düsseldorf. Sie befindet sich in den hochverdichtenden Innenstadtbereichen. Dort können durch die hohe Versiegelung und Baudichte insbesondere im Sommer und in der Nacht höhere Temperaturen als im Umland gemessen werden.
Die Städtische Wärmeinsel umfasst etwa 1/3 der Düsseldorf Siedlungsfläche oder 10% der Gesamtfläche von Düsseldorf. Man darf sie sich aber nicht als zusammenhängende Insel, sondern eher wie ein Archipel vorstellen, also eine Inselgruppe mit mehreren Wärme-Hotspots unterbrochen von Parks und Grünflächen. Im Verlauf des Klima-Spaziergangs konnte man im Sommer die Unterschiede zwischen diesen wärmeren Bereichen und den kühlen Oasen eindrucksvoll wahrnehmen.
An den insgesamt 9 Stationen des etwa 2,5 Kilometer langen Klima-Spaziergangs haben wir beispielhaft Schlüsselmaßnahmen unseres Klimaanpassungskonzepts gezeigt, wie zum Beispiel das Stadtbaumkonzept, das Pflanzen von Zukunftsbäumen, die Dach- und Fassadenbegrünung, den Ausbau des Trinkbrunnennetzes und zentrale Ergebnisse der Klimaanalyse. Wir haben aber auch auf Veränderungen und besondere Aspekte des Düsseldorfer Stadtklimas hingewiesen.
Welche Veränderungen bzw. Anpassungen sind in der Stadt bereits gelungen und wie werden diese von den Bürgerinnen und Bürgern aufgenommen?
Wichtig ist zunächst das Verständnis von „Anpassungen“ bzw. „Anpassungsmaßnahmen“. In unserem Klimaanpassungskonzept von 2017 haben wir auf Grundlage einer Bestands- und Betroffenheitsanalyse 15 Schlüsselmaßnahmen erarbeitet, die wir als vordringlich für die Klimaanpassung in Düsseldorf ansehen. Diese lassen sich in drei Gruppen einteilen. Es gibt analytische Schlüsselmaßnahmen, mit denen wir die Kenntnisse über das Klima und den Klimawandel vertiefen wollen, die wichtig für die Klimaanpassung sind. Wir haben baulich-ökologische Maßnahmen wie unsere Stadtbaumkonzept, was direkt im Stadtbild sichtbar ist. Und schließlich sind die organisatorisch-kommunikative Schlüsselmaßnahmen sehr wichtig, um die Klimaanpassung möglichst weit zu verankern und zu verbreiten.
Der Klima-Spaziergang gehört zum Beispiel zu der organisatorisch-kommunikativen Schlüsselmaßnahme „Informationskampagne“, mit der wir auch die Öffentlichkeit über unsere Aktivitäten informieren wollen. Die meisten Maßnahmen beinhalten fortlaufende Aktivitäten, so dass man nur selten einen „Haken“ setzen kann. In allen 15 Schlüsselmaßnahmen sind seit dem Beschluss der Umsetzung des Klimaanpassungskonzepts durch den Stadtrat im Dezember 2017 erfolgreich Aktivitäten durchgeführt worden.
Die Bürgerinnen und Bürger nehmen vor allem die baulich-ökologischen Anpassungen wahr. Hier ist die Resonanz überwiegend positiv, zumal diese im Bereich der Begrünung auch das eigene Umfeld verbessern. Allerdings gibt es auch kontroverse Diskussionen. Im Rahmen der Umsetzung „Düsseldorfer Stadtbaumkonzept“ wurden vorgesehene Baumpflanzungen auch schon abgelehnt, wenn Parkplätze dafür in Anspruch genommen werden sollten.
Beispiele für Schlüsselmaßnahmen zur Klimaanpassung in Düsseldorf
- Erarbeitung einer Starkregengefahrenkarte, die für alle Bürgerinnen und Bürger öffentlich zugänglich ist
- Fortschreibung und Detaillierung der Klimaanalyse, um die klimatischen Belange in der Stadtplanung besser zu berücksichtigen.
- Umsetzung des Düsseldorfer Stadtbaumkonzepts mit gezielten Baumpflanzungen in klimatischen Lasträumen
- Intensivierung der Dach-, Fassaden- und Innenhofbegrünung durch ein Förderprogramm und Verpflichtungen bei neuen Bebauungsplänen
- Kostenlose Starkregenberatung, die für alle Hauseigentümer/innen zur Verfügung steht
- Regelmäßige Klima-Spaziergänge für interessierte Gruppen
Welche Anpassungsmaßnahmen sind noch vorgesehen?
Ganz aktuell werden wir im November 2022 im Verbund mit der Stadt Karlsruhe und dem Deutschen Institut für Urbanistik ein Leuchtturmvorhaben zur Hitzeaktionsplanung starten, das vom Bundesumweltministerium gefördert wird. Im Rahmen dieses Verbundprojekts wird ein Hitzeaktionsplan für Düsseldorf entwickelt auf Grundlage der entsprechenden Empfehlungen des Bundesumweltministeriums. Dabei wollen wir die langjährigen Erfahrungen von französischen Großstädten nutzen, die bereits seit 2004 eine gesetzliche Verpflichtung für Hitzeaktionspläne haben. Hauptziel dabei ist es, hitzebedingte und UV-bedingte Erkrankungen und Todesfälle durch Prävention zu vermeiden.
Darüber hinaus engagieren wir uns sehr im Ausbau des Trinkbrunnennetzes, um Trinkwasser öffentlich und kostenlos insbesondere an heißen Sommertagen zur Verfügung zu stellen. Bis 2020 hatten wir noch 8 Trinkbrunnen in der Stadt, aktuell sind es 13 und weitere 15 Standorte sind in der konkreten Planung. Auch in anderen Bereichen wird die Klimaanpassung gestärkt. Derzeit wird an einem Starkregenrisikomanagement gearbeitet und die Begrünung im Hinblick auf eine Stärkung der Klimaanpassung und der Biodiversität ausgebaut. Und letztendlich stehen wir vor der Aufgabe, das Klimaanpassungskonzept von 2017 zu evaluieren und fortzuschreiben, damit auch allen neuen Entwicklungen und Anforderungen hier eingebunden werden können.
Herausforderungen der Klimaanpassung
Nun ist jede Kommune sehr individuell und braucht eigene Konzepte, die zu der jeweiligen Gemeinde passen. Welche Herausforderungen hat Düsseldorf in der Klimaanpassung zu lösen?
Das ist richtig, jede Kommune ist individuell. Deswegen ist es wichtig, zu Beginn der Erarbeitung eines Konzepts eine Bestands- und Betroffenheitsanalyse zu erstellen, die dann als Grundlage für zielgerichtete Maßnahmen dient.
Die Bestandsaufnahme in Düsseldorf hat drei Herausforderungen gezeigt:
- Temperaturzunahme und Hitze: Zunahme der Jahresdurchschnittstemperaturen und häufigere und länger andauernde Hitzeperioden
- Niederschlagsverschiebungen und Trockenheit: Verschiebung der Niederschläge in den Winter, häufigere und längere Trockenperioden im Sommer
- Starkregen: Zunahme des Anteils von Starkniederschlägen am Gesamtniederschlag
Die anschließende Betroffenheitsanalyse zeigte, dass sämtliche Handlungsfelder der Stadt von diesen Klimaveränderungen betroffen sind. Je nach betrachteter Klimaveränderung fällt die jeweilige Betroffenheit der Handlungsfelder allerdings mal höher und mal niedriger aus.
Wie führen Sie die Kommunikation dieser betroffenen Bereiche bzw. Dezernate innerhalb der Stadtverwaltung zusammen?
Die Klimaanpassung erfordert stets eine ämterübergreifende und interdisziplinäre Zusammenarbeit. In Düsseldorf wurde hierzu bereits 2014 eine Projektgruppe Klimaanpassung mit über 30 Mitgliedern eingerichtet, an der alle relevanten Ämter und Institutionen beteiligt sind. Diese Projektgruppe hat die Erstellung des Klimaanpassungskonzepts vorbereitet sowie eng begleitet und tauscht sich nun in der Umsetzung der Schlüsselmaßnahmen regelmäßig aus. Darüber hinaus wird auch bei einzelnen Klimaanpassungsmaßnahmen meistens in interdisziplinären Teams zusammengearbeitet, um die übergreifenden Belange zu berücksichtigen. So wurde zum Beispiel bei der Aktualisierung der Klimaanalyse eine temporäre, ämterübergreifende Arbeitsgruppe gebildet.
Klimaanpassung erfordert Vernetzung
Welche Maßnahmen, die man auch auf andere Städte anwenden könnte, würden Sie anderen Kommunen weiterempfehlen? Welche davon könnten von Land oder Bund gefördert werden?
Die meisten Maßnahmen, die wir in der Klimaanpassung durchführen, sind auch auf andere Städte übertragbar und werden dort auch schon durchgeführt. Ganz wichtig ist dabei eine gute Vernetzung nicht nur innerhalb der eigenen Stadt, sondern auch zu anderen Städten und Kommunen, um Erfahrungen – zum Beispiel in der konkreten Umsetzung von Maßnahmen –auszutauschen und voneinander zu lernen. Für diese Vernetzung, aber auch für die Beratung, Fortbildung und Förderung bei der Klimaanpassung steht allen Städten und Kommunen seit einem Jahr das Zentrum KlimaAnpassung (ZKA) zur Verfügung. Hier können umfangreiche, kostenlose Angebote gerade zur Vernetzung und zur Förderberatung gebucht werden.
In welchen Bereichen arbeiten Sie mit externen Partnern zusammen? Gibt es Kooperationen mit Dienstleistern, die Sie bei der Umsetzung unterstützen?
Insbesondere im Bereich der analytischen Schlüsselmaßnahmen, also bei der Erstellung von Starkregengefahrenkarten oder Klimaanalyse arbeiten wir mit externen Gutachtern und Büros zusammen, die die entsprechende Qualifikation für die hier erforderlichen Modellierungen haben. Darüber hinaus wurde und wird bei umfangreicheren Konzepten, wie zum Beispiel der Erstellung des Klimaanpassungskonzepts selbst, mit externen Dienstleistern zusammengearbeitet, um zu einem bestmöglichen Ergebnis zu kommen. Hier geht es nicht nur darum, den komplexen Prozess einer solchen Konzepterstellung fachlich fundiert zu begleiten, sondern auch kompetent zu moderieren und zu steuern. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund wichtig, dass in vielen Bereichen eine Akteursbeteiligung erforderlich ist.
Vielen Dank für das Gespräch!