Ein großes, geschwungenes Rohr für die Fernwärme im Sonnenlicht vor einem grünen Baum. Felix Marx S@AdobeStock
Energie 9. Dezember 2025

Wärmeversorgung: Wie funktionieren Nah- und Fernwärme?

Nah- und Fernwärme folgen dem gleichen Funktionsprinzip: Bei beiden wird Wärme über eine gewisse Distanz transportiert und zum Heizen von Gebäuden genutzt. Doch wie genau ist die zentrale Wärmeversorgung aufgebaut und welche Vor- und Nachteile ergeben sich für Verbraucher und Verbraucherinnen aus den jeweiligen Verfahren?

Nah- und Fernwärme basieren auf demselben Verfahren: Absichtlich erzeugte oder als Nebenprodukt anfallende Wärme erhitzt zunächst Wasser auf 50 bis 100 Grad Celsius. Dieses wird wiederum über hochisolierte Leitungen () in die angeschlossenen Haushalte befördert, wo es mittels Wärmetauschern zum Heizen von Räumen und Warmwasser dient. Das abgekühlte Wasser geht anschließend wieder zurück an den Wärmeerzeuger. Im Unterschied zur dezentralen Wärmeversorgung über gebäudeeigene Heizsysteme bieten Nah- und Fernwärmenetze also eine zentrale Versorgung.
Mögliche Wärmequellen sind äußerst vielfältig und reichen von Gas-, Kohle- und Biomassekraftwerken über Müllverbrennungsanlagen bis zu Industrieparks und Rechenzentren (Abwärme). Häufig liegt der Wärmeenergieerzeugung eine Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) zugrunde, bei der gleichzeitig Strom und Wärme produziert werden. Dadurch lassen sich sehr viel höhere Nutzungsgrade als bei einer getrennten Produktion beider Energieformen erreichen.

Unterschied zwischen Nah- und Fernwärme

Der Unterschied zwischen Nah- und Fernwärme liegt hauptsächlich in der Netzgröße. Eine feste Definition, wann ein Nah- zu einem Fernwärmenetz wird, gibt es jedoch nicht. Als Nahwärme gilt typischerweise ein lokales Netz mit einer kleineren Abnehmerzahl (maximal einige Hundert) und einer eher kürzeren Entfernung zwischen Wärmeerzeuger und Abnehmer – häufig unter einem Kilometer. Als Quelle für den vergleichsweise niedrigen Energiebedarf eignen sich unter anderem Solarthermieanlagen oder Blockheizkraftwerke (BHKW). Häufig wird auch die Abwärme aus einer genutzt. In Kastl (Oberpfalz) beispielsweise versorgen mittlerweile ein Hackschnitzelkessel und eine Biogasanlage circa 180 Gebäude (Verwaltungs- und Wohnhäuser) mit Wärme.

Fernwärmenetze können geradezu gigantische Ausmaße annehmen: Das Berliner Fernwärmenetz – das größte Westeuropas – versorgt zum Beispiel mit seinen insgesamt rund 2.000 Kilometer langen Leitungen circa 700.000 Wohnungen, wobei mehrere große Kraftwerke zum Einsatz kommen. Dabei ist übrigens nicht ausgeschlossen, dass auch wie Solarenergie für Fernwärme genutzt werden. Die größte Solarthermieanlage Deutschlands etwa – die Solarthermie Leipzig West – deckt den Leipziger Stadtwerken zufolge zwei Prozent des Gesamtwärmeverbrauchs in der sächsischen Großstadt (über das Jahr gerechnet).

Vor- und Nachteile von Nah- und Fernwärme

Sowohl Nah- als auch Fernwärme ermöglichen ein sehr energieeffizientes Heizen, insbesondere wenn hierfür eine Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) oder Abwärme verwendet wird. Daneben sparen beide viel Platz, da Kessel, Brennstoff und Schornstein einer dezentralen Heizanlage wegfallen. Betriebs- und Instandhaltungskosten werden zudem auf viele Nutzerinnen und Nutzer verteilt. Aufgrund der kürzeren Entfernungen und somit geringeren Wärmeverluste ist die Effizienz von Nahwärmenetzen noch etwas höher als die von Fernwärmenetzen. Darüber hinaus erleichtert ihre geringere Größe die vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien. Bei Fernwärme sorgt hingegen die größere Zahl und Vielfalt der Wärmequellen für eine höhere Versorgungssicherheit.

Ein möglicher Nachteil von Wärmenetzen besteht in der Bindung an einen einzelnen Versorger. 2023 machte etwa der Fall eines Bauern im bayrischen Ried-Holzburg Schlagzeilen, der mitten im Winter die Versorgung durch seine Biogasanlage abstellte. Abnehmer können zudem nicht entscheiden, ob es sich bei den verwendeten Wärmequellen beispielsweise um erneuerbare Energien handelt. Auch haben Endverbraucherinnen und -verbraucher keinen Einfluss auf die technische Qualität ihres Netzes.

Sonderfall kalte Nahwärme

Einen technischen Sonderfall stellt die sogenannte „kalte“ Nahwärme dar. Dabei wird das Wasser lediglich auf Temperaturen zwischen fünf und 20 Grad Celsius erhitzt. Zusätzliche (dezentrale) Wärmepumpen in den Gebäuden nutzen dann diese Ausgangstemperatur, um Wohnungen und Wasser zu beheizen. Die Raum- und Wartungsvorteile fallen hier weg. Bei dieser Art der Nahwärmeversorgung kann dafür die Wärme mitunter aus Quellen bezogen werden, die für „warme“ Nah- und Fernwärme nicht in Frage kommen. So lässt sich etwa mit der Abwärme eines großen Verbrauchers wie einem Krankenhaus oder einer Schule bereits ein kleines Nahwärmenetz betreiben. Daneben werden diese Netze häufig über zentrale Erdsonden (Geothermie) oder Solarthermieanlagen mit Wärme versorgt, was sie besonders nachhaltig macht.

Nah- und Fernwärme: Schlüsselrolle in der Energiewende

Nah- und Fernwärme spielen eine wichtige Rolle bei der . Ihre sehr hohe macht sie sehr viel nachhaltiger als traditionelle, dezentrale Heizsysteme, selbst wenn sie ebenfalls mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Das gilt insbesondere bei der Nutzung unvermeidbarer Abwärme (zum Beispiel aus der Müllverbrennung). In dichter besiedelten Gebieten bieten Wärmenetze zudem die Chance, möglichst viele Gebäude klimaneutral zu heizen. Aus diesem Grund müssen Städte ab einer Einwohnerzahl von über 100.000 laut Wärmeplanungsgesetz (WPG) bis Mitte 2026 einen Wärmeplan vorlegen (Kommunen mit kleinerer Bevölkerung bis Ende Juni 2028). Darin sollen unter anderem die lokalen Möglichkeiten zur Nutzung von Wärmenetzen und anderen nachhaltigen Heizungsformen identifiziert werden.

Bürgerinnen und Bürger, die sich für einen Anschluss an ein Nah- oder Fernwärmenetz interessieren, können sich direkt bei ihrer Kommune oder ihrem kommunalen Versorger informieren. Der Umstieg auf Nah- oder Fernwärme lohnt sich vor allem dann, wenn eine Gas- oder Ölheizung erneuert werden müsste. Eine Pflicht zum Anschluss an ein Wärmenetz besteht nicht. Allerdings muss laut (GEG) nach Abschluss und Vorlage der jedes neue Heizsystem (einschließlich dezentraler) seine Wärme zu 65 Prozent aus erneuerbaren Energien beziehen. Dies wäre aus rechtlicher Sicht durch eine Anbindung an ein Nah- oder Fernwärmenetz gegeben. Aus ökologischer Perspektive zahlt sich ein Wechsel hingegen praktisch immer aus, solange nicht bereits mit erneuerbaren Energien geheizt wird.

Die Umstellung ist unter anderem über den KfW-Zuschuss 458 (Bundesförderung für effiziente Gebäude) förderfähig. Daneben erleichtern häufig Zuschüsse der jeweiligen Kommune oder des lokalen Versorgers zudem den Anschluss an ein Wärmenetz.

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