Der Umbau der Wärmeversorgung ist eine zentrale Herausforderung für kommunalen Klimaschutz. Hohe Energiepreise und knappe Ressourcen machen neue Wege für nachhaltiges Bauen und energieeffiziente Gebäudesanierung notwendig. Eine besondere Rolle kommt dabei Dämmmaterialien zu, die eine Alternative zu herkömmlichen, fossilen und energieintensiven Varianten wie Styropor oder Mineralwolle bieten können. Das Institut für Kreislaufwirtschaft der Bio:Polymere an der Hochschule Hof (ibp) entwickelt mit Mycobuild eine innovative Alternative zu herkömmlichen Dämmstoffen. Im Rahmen des DATIpilot-Programms erforscht das Team, wie sich Pilzgeflechte (Myzel) zu leistungsfähigen Wärmedämmstoffen verarbeiten lassen – und das im industriellen Maßstab. Projektleiter Prof. Dr. Robert Honke betont: „Pilzgeflechte bieten zahlreiche Vorteile: Sie sind kompostierbar, CO₂-speichernd und benötigen bei der Herstellung deutlich weniger Energie als konventionelle Dämmstoffe. Zudem lassen sie sich flexibel formen und industriell skalieren.“
Entstehung von Myzel-Dämmstoffen
Als Myzel bezeichnet man das fein verästelte Geflecht fadenförmiger Pilzzellen, das in Materialien wie Stroh oder Holz wächst. Dieses organische Netzwerk eignet sich hervorragend für die Herstellung von Dämmplatten. Im Projekt Mycobuild wird ein Substrat aus Pflanzenresten mit Myzel imprägniert und nach wenigen Tagen zu einem festen Verbundstoff transformiert. Nach Trocknung und Erhitzung entsteht daraus ein ökologischer Dämmstoff, der umweltfreundlich und kosteneffizient ist. Für die industrielle Umsetzung ist die Wahl der richtigen Pilzart entscheidend. Das Myzel ist empfindlich gegenüber Verunreinigungen, daher prüft das Forschungsteam heimische Pilze wie Austernseitling, Honiggelber Hallimasch, Rötelritterling oder Riesenporling auf Wachstumsgeschwindigkeit und Strukturstabilität. Dr. Katharina Wellmanns betont: „Manche Pilze wachsen schneller, andere bilden stabilere Strukturen.“
Potenzial für Kommunen und Kreislaufwirtschaft
Bis 2026 will Mycobuild Wege aufzeigen, wie Myzelplatten industriell hergestellt werden können – mit optimalen Dämmwerten und regionaler Wertschöpfung. Dafür sind stabile Produktionsstrukturen nötig: effiziente Fertigungsprozesse, Vernetzung vor Ort und die Nutzung lokaler Rohstoffe. Gleichzeitig sollen Abfallaufkommen minimiert und mögliche Vorbehalte seitens der Verbraucher durch Information und Aufklärung entkräftet werden. Bedenken, dass Pilz-Dämmstoffe Schimmel fördern könnten, begegnet das Forschungsteam mit einer mineralischen Schutzschicht und Informationskampagnen. Langfristig könnten Myzel-Dämmstoffe für Kommunen ökonomische Vorteile bringen: geringe Herstellungskosten, einfache Recyclingfähigkeit und Fördermöglichkeiten durch Umweltprogramme wie den „Blauen Engel“. Noch ist die kommerzielle Nutzung im industriellen Maßstab Zukunftsmusik. Dennoch lohnt es sich für Kommunen, die Entwicklung zu verfolgen – sowohl für nachhaltiges Bauen als auch für innovative Wege der Kreislaufwirtschaft.
- 100 % biologisch abbaubar
- Geringer Energiebedarf in der Produktion
- CO₂-Speicherung durch Pilzbiomasse
- Günstige Herstellung aus regionalen Reststoffen
- Gute Dämmwerte bei geringer Dichte